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Weggabelungen und Einbahnstraßen |
«Anschluss» Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich und der Integra-
tion des Jugendverbandes in die Hitlerjugend gründete Lein gemeinsam mit anderen
Jugendlichen eine Pfarrgruppe, die neben religiösen auch politische Themen disku-
tierte und verschiedene, gegen das nationalsozialistische Regime gerichtete Aktionen
durchführte. Im Herbst 1938 wurde er wegen seiner Teilnahme an einer antinational-
sozialistischen Kundgebung, dem «Rosenkranzfest», am 7. Oktober in Wien verhaftet
und nach wenigen Wochen Polizeihaft im Gefängnis Elisabethpromenade in das Kon-
zentrationslager Dachau eingewiesen. Im September 1939 erfolgte seine Überstellung
nach Mauthausen, von wo er am 20. April 1940 wieder entlassen wurde.9 Nach seiner
Freilassung diente er in der Wehrmacht, bis er 1944 schließlich erkrankte und aus dem
Dienst ausgeschieden wurde.
Nach Ende des Krieges heiratete Hermann Lein, absolvierte die Reifeprüfung und
studierte Geschichte und Germanistik. Er arbeitete als Gymnasiallehrer und verfasste
nebenbei Geschichtslehrbücher. 1963 trat er eine Stelle in der Literaturabteilung des
Bundesministeriums für Unterricht und Kunst an, wo er bald zum Sektionschef aufstieg.
Hermann Lein war 1945 der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) beigetreten und blieb
die nächsten 55 Jahre Parteimitglied – bis zum Jahr 2000, als die ÖVP gemeinsam mit
der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) eine Koalitionsregie-
lich, daher die rein männliche Form «Interviewpartner». Eine gendersensible Bearbeitung des Themas
steht noch aus.
9 Im Jahr 1940 wurden etwa bei einem Gesamtstand an ca. 8200 Häftlingen 356 aus dem Konzentrations-
lager Mauthausen entlassen. Entlassungen aus Konzentrationslagern, vor allem von Schutzhäftlingen,
waren bis Mai 1944 durchaus üblich. Die zu entlassenden Häftlinge mussten ein politisch und moralisch
als positiv begutachtetes Verhalten während ihrer KZ-Haft an den Tag gelegt haben. Entlassungen fanden
vor allem dann statt, wenn sie von einer Parteigröße oder der Rekrutierungsbehörde der Wehrmacht ge-
fordert wurden. In den Jahren 1939–1941 wurden zum Geburtstag Adolf Hitlers Entlassungen durchge-
führt. Vgl. Hans Maršálek : Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation, Wien
42006 [1974], S. 323.
Abb. 1: Ankündigungsplakat für die «Rosenkranzfeier» der Katholischen Jugend am 7. Oktober 1938
(© Katholisches Jugendwerk Österreich/ORF)
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen