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französischen Deportierten von Mauthausen : ungleiche Wege zum gleichen Ziel |
noch ist es wesentlich, die Frage der Erinnerungserzählungen, über die indi viduellen
Aspekte hinaus, in ihrer Beziehung zur Geschichte zu erörtern und, mehr noch, zu
analysieren, wie diese Erinnerung sich herausgebildet hat, wie sie weiterhin funktio-
niert und sich entwickelt. SchlieĂźlich bietet die KZ-Erfahrung von Mauthausen auch
die Gelegenheit, in einem ganz bestimmten Kontext und fĂĽr diesen besonderen Ge-
genstand von neuem die Frage nach den Beziehungen zwischen Gedächtnis und Ge-
schichte, zwischen Zeuge und Historiker aufzuwerfen. Auch wenn diese Aspekte be-
kanntlich schon seit etlichen Jahren ausfĂĽhrlich behandelt worden sind,6 ist dies doch
ein wichtiges Beispiel, um aufs Neue die Frage nach der Erinnerung und der Erzählung
zu stellen, ebenso wie die nach ihrer Funktion und ihren Verwendungsweisen im Zu-
sammenhang mit einem derartigen Thema.
Im Kontext der Frage nach der schriftlichen Fixierung der Lebenserzählungen
möchte ich zunächst an einige methodologische Reflexionen anknüpfen, die zu Be-
ginn des Projekts aufgeworfen wurden. In Bezug auf die Lebenserzählungen von deren
schriftlicher Fixierung zu sprechen, heiĂźt natĂĽrlich auch, daran zu erinnern, dass jede
Erzählung ein Konstrukt ist und dass der Rekurs auf die Erinnerung, ob sie sich nun
mĂĽndlich artikuliert oder sich ĂĽber Vermittlung der Schrift ausdrĂĽckt, den gleichen
kontextuellen Bedingungen entspricht. Mit anderen Worten : Man kann nicht zu die-
sen Lebenserzählungen forschen, wenn man den Äußerungskontext und die Umstände,
unter denen sie entstehen, vernachlässigt, selbst wenn sie Normen oder Codes entspre-
chen, die sich unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Erinnerung aufgezeichnet
wurde, zu wiederholen scheinen. Wie die meisten Historiker gezeigt haben, die sich
mit den mündlichen Erzählungen von Widerstandskämpfern und Deportierten be-
schäftigt haben, nimmt die Deportationserzählung bald eine feste Form an, und trotz
der Nuancen weist sie eine gewisse Kontinuität hinsichtlich der Motive auf.7 Diese
geht über die «Irrtümer» hinaus, die Rekonstruktionen und Modifikationen, die sich
aus den Ă„uĂźerungskontexten, aus der Entwicklung des Ăśberlebenden selbst (welche
soziale und ideologische Position er auch bezieht) und aus den schrittweise erworbe-
nen Kenntnissen ergeben. Es ist dieser doppelte Zugang (Kontinuität und Verände-
rungen), der die Erzählung, die man zum Zeitpunkt des Interviews erhält, prägt und
der vor allem die Punkte oder die narrativen Motive erhellt, die der Zeuge betont (und
betonen möchte), unabhängig vom Fragebogen oder von der Erinnerungsstütze, die
6 Siehe hierzu v. a. die Arbeiten von Annette Wieviorka : L’ère du témoin, Paris 1998 ; dies.: Déportation
et génocide. Entre la mémoire et l’oubli, Paris 1992 ; sowie Tal Bruttmann et al. (Hg.) : Qu’est-ce qu’un
déporté ? Histoire et mémoires des déportations de la Seconde Guerre Mondiale, Paris 2009.
7 Laurent Douzou : La Résistance française : une histoire périlleuse. Essai d’historiographie, Paris 2005
(L’Histoire en débat) ; Jean-Marie Guillon : Les choix de mémoire, la construction du récit de Résistance,
in : Georges Comet et al. (Hg.), Mémoire individuelle, mémoire collective et histoire, Marseille 2008
(Collection Résiliences), S. 107–118 ; ders.: Regard décentré sur l’histoire de la Résistance en France, in :
Laurent Douzou (Hg.), Faire l’histoire de la Résistance, Rennes 2010, S. 117–131 ; ders./Pierre Laborie :
Mémoire et Histoire : la Résistance, Toulouse 1995 (Bibliothèque historique Privat).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen