Page - 187 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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französischen Deportierten von Mauthausen : ungleiche Wege zum gleichen Ziel |
nen beeinflussen unweigerlich den Inhalt der Zeugnisse, sei es nun im Sinne der Kon-
tinuitÀt oder des Widerspruchs. All dies sind Elemente, die angesichts der bekannten
Diskurse der kollektiven Geschichte fĂŒr die Entstehung einer individuellen Erinnerung
Raum lassen. Eben hierin liegt das ganze Interesse des mĂŒndlichen Zeugenberichts fĂŒr
die Geschichte ; dieser bietet insbesondere auch die abweichende Darstellung jener, die
ihre ErzÀhlung noch nicht unbedingt so stark formalisiert haben.
VerhaftungsgrĂŒnde
Auch wenn es zahlenmĂ€Ăig begrenzt ist, so ruft dieses Sample doch eine Selbstver-
stÀndlichkeit in Erinnerung : die Vielfalt der sozialen und geografischen Herkunft der
Deportierten von Mauthausen, ihrer Lebenswege vor, wÀhrend und nach der Internie-
rung. Diese Vielfalt widerspricht nicht ihren Àhnlichen, manchmal sogar identischen
Erfahrungen, wie sie jedenfalls in der jeweiligen ErzÀhlung dargestellt werden. Diese
Ăbereinstimmungen in der ErzĂ€hlung betreffen, was kaum verwundern wird, die
«Reise» ins und die Ankunft im Lager, die quasi zu formalisierten narrativen Moti-
ven geworden sind, vor allem zu der Zeit, da die Aufzeichnungen durchgefĂŒhrt wur-
den. Ein anderer Parameter ist von fundamentaler Bedeutung fĂŒr den ersten Zeitraum,
den vor der Internierung in Mauthausen â nĂ€mlich der Ort, an dem die betreffenden
Zeugen lebten oder arbeiteten : Das waren erstens die sogenannte «freie Zone» (zone
libre) vor 1942 und die Zone unter italienischer, dann deutscher Besatzung, das heiĂt
insgesamt der SĂŒdosten Frankreichs, zweitens die von Anfang an «besetzte Zone» (der
Norden bis zur Demarkationslinie) und drittens die «verbotene Zone» (zone interdite),
direkt der Reichsverwaltung unterstellt (der Nordosten, vor allem die Picardie, Loth-
ringen und das Elsass).18 Die Bedeutung der deutschen PrÀsenz oder jene der Anwen-
dung der Gesetze von Vichy â insbesondere gegen die Oppositionellen oder gegen die
aus rassischen GrĂŒnden diskriminierten, dann systematisch verfolgten Bevölkerungs-
gruppen (in Frankreich hauptsÀchlich die Juden, da es keine ausgeprÀgte und vor allem
keine anerkannte PrĂ€senz von Roma und Sinti gab19)Â
â ist wesentlich, um zu verstehen,
weshalb manche sehr frĂŒh oder im Gegenteil erst spĂ€ter, praktisch schon zu Ende des
Krieges und der Besatzung, verhaftet wurden.
Bei den nach Mauthausen Deportierten handelte es sich nach der Terminologie,
die die Fondation pour la Mémoire de la Déportation verwendet, im Wesentlichen um
«Repressions»-Deportierte (dĂ©portĂ©s arrĂȘtĂ©s par mesure de rĂ©pression). Unter den inter-
18 In dieser Sperrzone wurden darĂŒber hinaus die drei westlichsten Departements Moselle, Bas-Rhin und
Haut-Rhin de facto dem Deutschen Reich eingegliedert. Die Departements Nord und Pas-de-Calais stan-
den unter Verwaltung des MilitĂ€rbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich. Vgl. Jean-Luc Leleu etÂ
al.
(Hg.) : La France pendant la seconde guerre mondiale. Atlas historique, Paris 2010, S. 50 f.
19 Sie lebten zwar in groĂer Zahl im SĂŒden Frankreichs ; ihre althergebrachte Gegenwart und die Sesshaft-
werdung etlicher Gruppen machten sie jedoch in den Augen der Verwaltung quasi unsichtbar.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen