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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847111658 – ISBN E-Lib: 9783737011655
Motivation und konkret-lebensweltliche Entfaltung derMoral, was auch hin-
sichtlichgesellschaftlicherZusammenhänge inneuerWeisegewürdigtwird, sei
es als Konfliktstoff im Aufeinandertreffen unterschiedlicher Glaubens- und
Moralvorstellungen. Ein positiver Beitrag religiöser Ethik für ein friedliches
ZusammenlebenlässtsichvordiesemHintergrundnurunterderBedingungvon
Dialogfähigkeit sichern. IngeborgGabriel hatdies früherkanntunddasdialo-
gische Konzept einer „Ökumenischen Sozialethik“ als Programmwort ihres
Fachverständnisses entfaltet.5Ebensohat sie vordemHintergrund ihrer inter-
nationalenErfahrungenbeidenVereintenNationenvonAnfangandieSchlĂĽs-
selbedeutung der Menschenrechte betont.6 Die folgenden AusfĂĽhrungen er-
kundendas hiermit skizzierteDebattenfeld imBlick auf denStellenwert theo-
logischerArgumente fĂĽrdieBegrĂĽndung,MotivationundEntfaltungderEthik.
1. PostsäkulareSozialethik
Das BedĂĽrfnis nach einemklar erkennbaren theologischen Profil Christlicher
Sozialethik ergibt sich auch aus der veränderten gesellschaftlichen Situation:
„DieChristenbefindensichzunehmendineinerMinderheitenpositionsowieineinem
religiös, ethischundkulturell pluralenKontext.DieChanceneinerdirektenkorpora-
tistischenBeeinflussungstaatlicherGesetzgebungwerdenschwächer.DieKirchemuss
sichinderZivilgesellschaftaufüberzeugendeWeiseGehörverschaffen.Dieskannnur
gelingen,wenn ihrePositionen einklar erkennbaresProfil aufweisen, das auch theo-
logisch fundiert ist.Auchdiesverlangt eine explizit theologischeArgumentation,die
freilich sokommuniziertwerdenmuss, dass sie auch fürNicht-oderAndersgläubige
möglichst verständlich und einsichtig erscheint. Sozialethik hat hier neueÜberset-
zungsleistungenzwischengrundlegendenAussagendesGlaubensundderGestaltung
gesellschaftlichenLebenszuerbringen.“7
Christliche Sozialethik gewinnt ihrProfil in einer zwischen theologischenund
säkularenSprachspielenvermittelndenMehrsprachigkeit: Einerseits bleibt die
Ausrichtung auf die allgemeine Vernunft sowie anthropologisch-humanwis-
senschaftlicheGrunddatender conditio humana gerade fĂĽr denwissenschaft-
lichenAnspruch christlicher Ethik unverzichtbar. Andererseits erscheint dies
risierung–einmodernerMythos?StudienzumreligiösenWandel inDeutschland,Tübingen
2003.
5 IngeborgGabriel (Hg.), PolitikundTheologie inEuropa. Perspektivenökumenischer Sozi-
alethik,Ostfildern2008.
6 AlsneuereArbeithierzuvgl.IngeborgGabriel,MenschenrechteundReligionen–Verbündete
oderGegner?, in:PeterG.Kirchschläger (Hg.),DieVerantwortungvonnichtstaatlichenAk-
teurengegenüberdenMenschenrechten,Zürich2017,S. 33–52.
7 Vgl.MarkusVogt / IngeborgGabriel (u.a.), Theologien in der Sozialethik, in: Vogt (Hg.),
TheologiederSozialethik,S. 7–20,hier: S. 12f.
MarkusVogt94
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Title
- Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
- Subtitle
- Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Authors
- Irene Klissenbauer
- Franz Gassner
- Petra Steinmair-Pösel
- Editor
- Peter G. Kirchschläger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1165-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 722
- Category
- Recht und Politik