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1 DerDomalsMetropolitankirche
kalischenHierarchie abgebildetwurden, indemPalli-
umsfeste beiderKlassen sowieFesta Praepositi und
Decani je einermusikalischenAusführungsart zuge-
ordnetwaren.19
WährenddieSalzburgerPalliumsfeste ersterKlasse
weitgehend denDuplexfesten ersterKlasse der römi-
schenLiturgie entsprechen (mitAusnahmedesFestes
Circumcisio Domini, das in Salzburg aufgewertet ist)
unddiePalliumsfestezweiterKlassebisaufS.Martini
und S.Augustini dieDuplexfeste zweiterKlasse ent-
halten, ist derGradderVerbindungderübrigenFeste
mit demRömischenKalenderweitweniger hoch.20 In
denGeneralrubriken vonBrevier undMeßbuchwar
vorgesehen, dass besondere lokale Feste undFeiern
denen derGesamtkirche hinzuzufügenwaren, so z.B.
der Jahrestag derWeihe derKirche, das Fest eines
oder mehrerer Patrone, das Fest des Patroziniums
undFeste vonHeiligen in denKirchen, in denen sie
bestattet sindoderdieReliquienvon ihnenbesitzen.21
In Salzburg waren dies vor allem die Lokalheiligen
Rupert undVirgil, bezüglich derer das erzbischöfliche
Konsistoriumam3.Oktober 1643 beschlossen hatte,
„den hl. Rupertum für einenPatrono der
ganzenDioces, den hl. Virgilium aber pro
Patrono dieser Haubtstatt Salzburg zu er-
khissen, auch gemeldtes FestumS.Ruperti
fürderhin alzeit imHerbst per totamdioece-
simSalisburgensem, dasFestumS.Virgilii
aber allein in der Statt Saltzburg ex prae-
cepto die 27.Novembris feyerlich celebriren
zu lassen“22.
Dazu kam 1676 das Fest des hl. Joseph, der von
Max Gandolph zum Landespatron erhoben wurde,
jenes derUnbeflecktenEmpfängnisMariä (immacu-
lata conceptio), als welcheMaria 1697 vonErzbischof
JohannErnstGrafThun zur „Schutzherrin über das
ganze Erzstift“ erwählt wurde, und schließlich das
Fest des 1729 unter tätigerMitwirkung der Salzbur-
19Vgl. dazu imvorliegendenBandbesonders S. 128ff.
20Haspel:Mozarts Vespermusiken, S. 48f.
21Harnoncourt: „DieVerehrung des hl. Rupert“, S. 177.
22Dalham, Florian:Concilia Salisburgensia provincialia et
dioecesana jam inde ab hierarchiae hujus origine, quoad
codices suppetebant, ad nostram usque aetatem celebra-
ta; adjectus quoque temporumposteriorum recessibus, ad
conventis inter archiepiscopos, et vicinos principes rerum
ecclesiasticarum causa initis, Augsburg: Rieger et fil. 1788,
S. 122, zit. nachHarnoncourt: „DieVerehrungdes hl.Ru-
pert“, S. 180. ger Erzbischöfe FranzAntonFürstHarrach undLeo-
poldAntonFreiherr vonFirmian heilig gesprochenen
JohannesNepomuk, der 1735 zumPatron derErzdiö-
zese erhoben und dessenFest 1765 zwar zumFestum
duplex Imae classis cum octava aufgewertet, amDom
aber gleichwohl ‚nur‘ alsFestumPraepositum23 gefei-
ertwurde.24
Dass dieEinteilung desKirchenjahres besonders in
BezugaufdiePalliumsfestedasganze18.Jahrhundert
hindurchweitgehend gültig blieb, zeigt der nachfol-
gendeVergleichmehrerer Dokumente: Ausgewertet
wurden eine Liste der vonUlrichHaspel nach dem
SalzburgerDruckPraeintonationes Antiphonarum et
Hymnorum von 1693 rekonstruiertenFeste25, dieHof-
kalender (HK)der Jahre 1726, 1739, 1751, 1765, 1780
und 1795, derOrdoFestivitatum et Functionum (eine
Liste, in der sichHofkapellmeister LuigiGatti – ver-
mutlich kurz nach seinemDienstantritt 1782 – jene
Feste notierte, die ermit derHofkapellemusikalisch
zu gestalten hatte,→ S. 23) sowie eine derMusikfor-
schung bisher noch unbekannte handschriftlicheGot-
tesdienstordnung vom5.August 182826, die ebenfalls
einVerzeichnis der Feste beinhaltet. DieÄnderungen
im18.Jahrhundertbeschränkensichaufeinigewenige
Anlässe: Neben demFestCircumcisio Domini, das,
wie schon bemerkt, ein Palliumsfest zweiter Klasse
ist, betrifft das vor allemdasFest derApostel Peter
undPaul, das in den untersuchtenHofkalendern erst
1795 genanntwird.Da dieses Fest aber sowohl 1693
als auch inderListeGattis von1782 sowie inderGot-
tesdienstordnung von 1828 aufscheint, handelt es sich
hier mit großerWahrscheinlichkeit um eine immer
wieder kopierteAuslassung, die erst gegenEnde des
Jahrhunderts korrigiertwurde. Eine dieFesta Pallii
betreffendeReformder Festtagsordnung, bei der eini-
geFesta Pallii secundaeClassis zuFesta Praepositi
undFestaDecani degradiert wurden, fand erst Ende
der 20er-Jahre des 19. Jahrhunderts statt.27
23So inOrdoFestivitatumetFunctionum inhacMetropolitana
Ecclesia Salisburg[e]nsi, Salzburger Landesarchiv (SLA),
Reg. IX/185, fol. 76r–77v: fol. 76v.
24Harnoncourt: „DieVerehrung des hl. Rupert“, S. 181.
25Haspel:Mozarts Vespermusiken, S. 47f.
26BestehendeGottesdienst-Ordnung in derMetropolitankir-
che, 5.8.1828,AES,Altbestand,AT-AES1.2.22/68,Gottes-
dienstordnung.
27Ebd.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur