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1 DerDomalsMetropolitankirche
„Den 15ten Abends um 4. Uhr wirdet
bey denen RR. PP. Franciscanis die erste
Litaney in Anwesenheit Ihrer Hochfürstli-
chen Gnaden etc. etc. von der Hochfürstl.
Hof=Music in die [sic!] Ehre deß heiligen
Joannis Nepomuceni gehalten,wobey auch
die Hofstatt erscheinet. Den 16ten darauf
wirdet das Fest deß heiligen, undWundert-
hätigenMartyrers JoannisNepomuceni bey
denenRR.PP.Franciscanis umb8.Uhr fru-
hemit einer Lob=Rede, und darauf folgen-
dem Hoch=Ambt gefeyert; Welchem Ihro
Hochfürstl. Gnaden etc. etc. offentlich in
langenKleyderen, undCorteggio gesambter
Hofstatt, wie auchBegleitung aller anwesen-
denDom=Herren, durch denRitter=und
Carbiner=Saal kommende, in demOrato-
rioB.M.V. beyzuwohnen pflegen.Nachmit-
tag wirdet allda abermahlen umb 4. Uhr
eineheiligeLitaneygehalten, und solcheAn-
dacht die ganze 8. Tag hindurch continuiret,
die letzte aber gleichfals inGegenwart Ihrer
Hochfürstl. Gnaden etc. etc und der ganzen
Hofstatt, wie die erste, von derHochfürstl.
Music abgesungen,mithindieseAndachtbe-
schlossen.“102
In derGottesdienstordnung von 1828 liest sich die
Stelle zum selbenFest folgendermaßen:
„SchonamVorabende, nämlichden 15ten
Maywird eine solemneLitaney abgehalten,
unddamitdieganzeOktavfortgefahren.Am
Feste selbst ist um9UhrPredigt, unddann
ein feyerlichesHochamt.“103
Aus zeremonieller Sicht hat sich am Ablauf des
Festesmit Litaneien durch die ganzeFestwoche, be-
ginnend amVorabend, dazu Predigt undHochamt
amFest selbst, inden102Jahren, die zwischendiesen
beidenBeschreibungen liegen, nichts geändert.
Als weiteres Beispiel mag die Beschreibung des
Festes der hl. Dreifaltigkeit dienen:
„Den 16ten [Juni], als an dem hohen
Fest=Tag der Allerheiligisten Dreyfaltig-
keitwirdet inderHochfürstl.Dom=Kirchen
102Hofkalender 1726.
103Gottesdienstordnung 1828, S. 24. nach demHoch=Ambt dasTeDEUMLau-
damus&c.wegendervonGOTTAnnoChr.
1697. gnädigist abgewendtenFeuers=Gefahr
von derHochfürstlichenDom=Kirchen, ge-
sungen.“104
Die Beschreibung dieses Festes klingt ein gutes
Jahrhundert später so:
„Festo SS. Trinitatis.NachdemHochamt
wird wegen der im Jahre 1697 von Gott
abgewendeten Feuersgefahr das Te Deum
laudamus angestimmt.“105
Die Frage stellt sich, warum sich – zumal in der
Zeit des bekannt reformfreudigen Fürsterzbischofs
Hieronymus Colloredo – an den zeremoniellen Ab-
läufen an derMetropolitankirche relativwenig geän-
dert hat. EineErklärung dafür liefert dasAddendum
mit demTitelDieGottesdienstordnung in der Stadt
Salzburg betr[effend]106. Ein unbekannter Verfasser,
vermutlich einMitglied desKonsistoriums, teilt hier
– allemAnschein nach in zeitlichemZusammenhang
mit derAbfassungderGottesdienstordnungvon 1828
– dasErgebnis einerUmfrage aus demgleichen Jahr
bezüglich der Gottesdienste an Salzburger Kirchen
mit undmacht sich in derEinleitungGedanken zur
Einführung einerGottesdienstordnung nach österrei-
chischemVorbild in Salzburg.
„Als die hohe Landesregierung in d[em]
J: 1822 die österreich:Gottesdienstordnung
zurEinführungmitgetheilt hatte, ließ sich
dasConsistoriumangelegen seyn, diesenGe-
genstand wohl zu erwägen; die Erwägung
aber führte auf soviele Schwierigkeiten, daß
man sich nicht entschließen konnte, das be-
stehende zu ändern. So gieng es ebenfalls
vor 41 Jahren, alsman in d[em] J[ahr] 1786
eine allgemeineAndachtsordnung einführen
und dieGottesdienstordnung von Innsbruck
zurGrundlage nehmenwollte: dieDießfalls
niedergesetzteCommission kamendlich zu
derAnsicht, daß esmit derAusführung der
104Hofkalender 1726.
105Gottesdienstordnung 1828, S. 25.
106AES,Altbestand,AT-AES 1.2. 22/68Gottesdienstordnung,
undatiert, vermutlich 1828, Transkription imAnhang 3.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur