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3 DerDomals Stadtpfarrkirche
„Bei denen Leich=Conducten sollen die
Vier StattPfarrSinger iedesmahl zur be-
stimbtenZeit inDomb erscheinen, aldorth
sichmit Schurz undChor-Rock gebührend
ankleiden, alsdann sambt den Rahn, oder
CreüzdenHerrnCaplanausseinemHausab-
hollen,wehrenterLeichConductaberehrlich
ingleicherordnunggehen,niteinerVorn,der
anderehindt, einer inderordnung,derande-
reweith ausder Seithen, auchdasSchwäzen
oder Zanckhen unterlassen, endlichen auch
denHerrnStattCaplanwider gesambtnach
Haus begleiten, und hiervon sich ohne Er-
laubnus keineswegs eximiren.“120
ImZusammenhangmit denBegräbnisriten stand
das sogenannte „Psallieren in denen Heüsern“, bei
dem an der aufgebahrten Leiche das Totenoffizium
abgesungenwurde.Über das Psallieren berichtet der
damaligeChorregentMathiasReßl1707 ineinerseiner
zahlreichenEingaben:
„[...] hat es dochmit dempsallieren in
den heüsern ein ganz andere beschaffenheit;
anerwogen das psallieren auf der gassen nur
bey ungefehr ein viertl od halbe stund an-
haltet und entgegen in denen heüsern selbes
in 2 oder dritthalb stundwehret.“121
Während bei einemLeichenzug also nur zwischen
einerViertel- oder einer halbenStunde lang gesungen
wurde, psallierten die Sänger an der aufgebahrten
Leiche ein bis eineinhalb Stunden lang, das heißt, sie
sangen das Totenoffizium, das dann auch Teil der
Exequien in der Kirche war122, und wurden dafür
auch entsprechend entlohnt. Bei der Befragung der
ZeugenanlässlichdesStreites 1709gibt eineFrauvon
Grimming zu Protokoll, dass den sankt-petrischen
Musikanten für das Psallieren „im Hauß 2 f: zalt
worden“ ist, was bei einemQuartalsgeld123 von nur
12 fl., das die Stadtpfarrsänger damals erhielten, ein
durchaus ansehnlicherBetrag ist.
120AES,Altbestand,AT-AES1.2.5/25/17, Statuten, 1739, S. 7.
121Eingabe an dasKonsistoriumvom22.10.1707,AES,Altbe-
stand,AT-AES 1.2.5/25/12.
122Jaksch, Werner:H.I. F. Biber, Requiem à 15. Unter-
suchungen zur höfischen, liturgischen undmusikalischen
Topik einer barocken Totenmesse, München u. Salzburg:
Katzbichler 1977, (Beiträge zurMusikforschung, 5), S. 36.
123JedesVierteljahr ausbezahlterBetrag. Umdieses „Psallieren“ kames bereitsMitte des 17.
Jahrhunderts zu einemStreit zwischenDomchoralis-
tenundsankt-petrischenMusikanten,der innur leicht
modifizierter FormAnfang des 18. Jahrhundertsmit
den Stadtpfarrmusikanten als zusätzlich beteiligter
Parteiwieder aufflammteund sich insgesamtmehrals
30 Jahre lang hinzog. Streitigkeiten entstanden,weil
dasPsallieren,eineder lukrativstenAufgabenderSän-
ger, nicht gebührend geregelt war:Obwohl es in den
Grenzen der Stadtpfarre stattfand, gab es mit den
sankt-petrischen Sängern und den Domchoralisten
andereGruppen, die unter bestimmtenUmständen
dasRecht zu psallieren für sich beanspruchten. 1707
flammte dieser Streit deshalb wieder auf, weil, wie
MatthiasReßl,derChorregentderStadtpfarrmusikan-
ten, schreibt, „selbige“, nämlich die sankt-petrischen
Musikanten,denStadtpfarrmusikanten„eineZeithero
villfeltige eingriff gethan, und eben bey Jüngst: ver-
storbnenH:Khästerer auf derTrinkhstuben, undH:
BaronStuß, unß gewaltthetig vertringen [verdrängen]
wollen“124. 1709 wurden zahlreiche Zeugen befragt,
darunter Mozarts Großvater Nikolaus Pertl, Secre-
tari=Adjunct bei derHofkammer, der zuProtokoll
gab, dass „er 1696 bis 1698Closter Petr[ischer]Musi-
cante gewesen, vonwelcher Zeit ihmewissendt, daß
Er in demeKhimpflerHaus zumahl: wie auch by der
FrauDr.Paumbgartnerin inderPfeiffergasse indeme
färerigenHausß in der traidt gasse, beyH. Khnob-
lochHofCammer Zahlmaister, und anderen Ihme nit
mehr benanten orthen psallirt habe.“ Er sei „1698
bis 1702 bey St: Peter thails alsMusicus theils als
Canzleiyaushilf, theils auch als Cammerdiener“ an-
gestellt gewesen. Seines Wissens hätten „die Petr.
Musicanten das psallieren in der Statt bey denen lei-
chen in denen heüsern 10. 20 in 30 Jahr ungehindert
derGegner“ verrichtet.125Das alles seimit demWis-
sen der Stadtpfarrmusikanten geschehen, und „der
StattPfarr=SingerÖgglmayr [Eggelmayr] sell. [habe
ihm] selbst gesagt, daß syeCloster Petr.Musicanten
gleichseeliger [gleichmäßiger] inpsallierenalsdie statt-
PfarrMuscanten syen.“Auch andereZeugen, darunter
derAbt von Seeon, der Pfleger vonWildenstein und
DomchoralistMathias Samhueber, stimmenmit ihm
imWesentlichen überein; einweiterer Zeuge, Vikar
124MathiasReßl an dasKonsistorium, 23.8.1707,AES,Altbe-
stand,AT-AES 1.2.5/25/12.
125Vgl. AES,Altbestand,AT-AES 1.2.5/25/12.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur