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Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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Seite - 92 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult

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3 DerDomals Stadtpfarrkirche „Bei denen Leich=Conducten sollen die Vier StattPfarrSinger iedesmahl zur be- stimbtenZeit inDomb erscheinen, aldorth sichmit Schurz undChor-Rock gebührend ankleiden, alsdann sambt den Rahn, oder CreüzdenHerrnCaplanausseinemHausab- hollen,wehrenterLeichConductaberehrlich ingleicherordnunggehen,niteinerVorn,der anderehindt, einer inderordnung,derande- reweith ausder Seithen, auchdasSchwäzen oder Zanckhen unterlassen, endlichen auch denHerrnStattCaplanwider gesambtnach Haus begleiten, und hiervon sich ohne Er- laubnus keineswegs eximiren.“120 ImZusammenhangmit denBegräbnisriten stand das sogenannte „Psallieren in denen Heüsern“, bei dem an der aufgebahrten Leiche das Totenoffizium abgesungenwurde.Über das Psallieren berichtet der damaligeChorregentMathiasReßl1707 ineinerseiner zahlreichenEingaben: „[...] hat es dochmit dempsallieren in den heüsern ein ganz andere beschaffenheit; anerwogen das psallieren auf der gassen nur bey ungefehr ein viertl od halbe stund an- haltet und entgegen in denen heüsern selbes in 2 oder dritthalb stundwehret.“121 Während bei einemLeichenzug also nur zwischen einerViertel- oder einer halbenStunde lang gesungen wurde, psallierten die Sänger an der aufgebahrten Leiche ein bis eineinhalb Stunden lang, das heißt, sie sangen das Totenoffizium, das dann auch Teil der Exequien in der Kirche war122, und wurden dafür auch entsprechend entlohnt. Bei der Befragung der ZeugenanlässlichdesStreites 1709gibt eineFrauvon Grimming zu Protokoll, dass den sankt-petrischen Musikanten für das Psallieren „im Hauß 2 f: zalt worden“ ist, was bei einemQuartalsgeld123 von nur 12 fl., das die Stadtpfarrsänger damals erhielten, ein durchaus ansehnlicherBetrag ist. 120AES,Altbestand,AT-AES1.2.5/25/17, Statuten, 1739, S. 7. 121Eingabe an dasKonsistoriumvom22.10.1707,AES,Altbe- stand,AT-AES 1.2.5/25/12. 122Jaksch, Werner:H.I. F. Biber, Requiem à 15. Unter- suchungen zur höfischen, liturgischen undmusikalischen Topik einer barocken Totenmesse, München u. Salzburg: Katzbichler 1977, (Beiträge zurMusikforschung, 5), S. 36. 123JedesVierteljahr ausbezahlterBetrag. Umdieses „Psallieren“ kames bereitsMitte des 17. Jahrhunderts zu einemStreit zwischenDomchoralis- tenundsankt-petrischenMusikanten,der innur leicht modifizierter FormAnfang des 18. Jahrhundertsmit den Stadtpfarrmusikanten als zusätzlich beteiligter Parteiwieder aufflammteund sich insgesamtmehrals 30 Jahre lang hinzog. Streitigkeiten entstanden,weil dasPsallieren,eineder lukrativstenAufgabenderSän- ger, nicht gebührend geregelt war:Obwohl es in den Grenzen der Stadtpfarre stattfand, gab es mit den sankt-petrischen Sängern und den Domchoralisten andereGruppen, die unter bestimmtenUmständen dasRecht zu psallieren für sich beanspruchten. 1707 flammte dieser Streit deshalb wieder auf, weil, wie MatthiasReßl,derChorregentderStadtpfarrmusikan- ten, schreibt, „selbige“, nämlich die sankt-petrischen Musikanten,denStadtpfarrmusikanten„eineZeithero villfeltige eingriff gethan, und eben bey Jüngst: ver- storbnenH:Khästerer auf derTrinkhstuben, undH: BaronStuß, unß gewaltthetig vertringen [verdrängen] wollen“124. 1709 wurden zahlreiche Zeugen befragt, darunter Mozarts Großvater Nikolaus Pertl, Secre- tari=Adjunct bei derHofkammer, der zuProtokoll gab, dass „er 1696 bis 1698Closter Petr[ischer]Musi- cante gewesen, vonwelcher Zeit ihmewissendt, daß Er in demeKhimpflerHaus zumahl: wie auch by der FrauDr.Paumbgartnerin inderPfeiffergasse indeme färerigenHausß in der traidt gasse, beyH. Khnob- lochHofCammer Zahlmaister, und anderen Ihme nit mehr benanten orthen psallirt habe.“ Er sei „1698 bis 1702 bey St: Peter thails alsMusicus theils als Canzleiyaushilf, theils auch als Cammerdiener“ an- gestellt gewesen. Seines Wissens hätten „die Petr. Musicanten das psallieren in der Statt bey denen lei- chen in denen heüsern 10. 20 in 30 Jahr ungehindert derGegner“ verrichtet.125Das alles seimit demWis- sen der Stadtpfarrmusikanten geschehen, und „der StattPfarr=SingerÖgglmayr [Eggelmayr] sell. [habe ihm] selbst gesagt, daß syeCloster Petr.Musicanten gleichseeliger [gleichmäßiger] inpsallierenalsdie statt- PfarrMuscanten syen.“Auch andereZeugen, darunter derAbt von Seeon, der Pfleger vonWildenstein und DomchoralistMathias Samhueber, stimmenmit ihm imWesentlichen überein; einweiterer Zeuge, Vikar 124MathiasReßl an dasKonsistorium, 23.8.1707,AES,Altbe- stand,AT-AES 1.2.5/25/12. 125Vgl. AES,Altbestand,AT-AES 1.2.5/25/12. 92
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Musik am Dom zu Salzburg Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Titel
Musik am Dom zu Salzburg
Untertitel
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Autoren
Eva Neumayr
Lars E. Laubhold
Ernst Hintermaier
Verlag
Hollitzer Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-99012-540-0
Abmessungen
21.0 x 30.2 cm
Seiten
432
Kategorie
Kunst und Kultur
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