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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Page - 73 - in Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur

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Theater als Medium höfischer Kommunikation 73 Aufführungskontext. Sie machen es aus einem beliebig rezipierbaren Kunstwerk zu einem Bestandteil eines ganz bestimmten höfischen Festes, dessen Funktionalität sie es ganz grundsätzlich unterwerfen. Im Textdruck des Singspiels fungiert das den Üb- lichkeiten zahlloser Librettodrucke der Zeit entsprechend gestaltete Titelblatt als der entscheidende ›Marker‹ im Funktionszusammenhang der herrschaftlichen Repräsen- tation. Der Titel des Singspiels Die unveränderte treue Ehegattin Penelope steht zwar an erster Position. Dominiert wird das Titelblatt des Textbuches jedoch durch den genau in der Blattmitte platzierten und im Vergleich zum Namen der Hauptfigur des Stückes druckgraphisch durch dreimal so große Lettern hervorgehobenen Namen des Fürsten. Allein schon dadurch ist die Relation zwischen der fiktionalen Handlung und ihrem institutionellen Rahmen, dem dynastischen Fest im lebensweltlichen Zusammenhang des Gothaer Herrscherhauses, deutlich hervorgehoben: Das Singspiel erscheint als Spiel im größeren Spiel der fürstlichen Selbstdarstellung, zu der es einen nicht unwichtigen Beitrag leistet, die aber auch umgekehrt Bedingung für die künstlerische Produktion überhaupt ist. Der Druck des Textbuches gibt sich nicht nur durch sein Titelblatt, aber doch hauptsächlich durch dieses, als Strategie medialer Repräsentation zu erkennen: Er hebt den Herrscher hervor, stellt das dynastische Ereignis, den Fürstengeburtstag, durch seine Nennung aus, verleiht diesem Ereignis ebenso wie dem zu dessen Feier an- gestellten vergänglichen Fest Dauer und verweist mit dem theatralischen Ereignis, das der Stücktitel annonciert, auf die kulturelle Potenz des Hofes. Erst durch die Rahmung, aber durch die Rahmung eben definitiv, wird diese Penelope zu einem Gothaer Stück. Zum Singspiel des Gothaer Hofes wird das Stück, zweitens, natürlich auch durch die Musik, die vermutlich vom Hofkapellmeister Mylius stammt.27 Dass die Komposition Draghis nach Gotha gelangt sein könnte, ist unwahrscheinlich. Sie wäre mit Keils Text- fassung wohl auch schwerlich kompatibel gewesen. Zumindest gibt es keinen Hinweis auf die Verwendung von Draghis Musik in Gotha. Drittens kann die Inszenierung »Auf der Hoch-Fürstlichen Schaubühne zum Frie- denstein« nicht anders als völlig eigenständig angenommen werden, entsprechend den Gegebenheiten und Möglichkeiten des künstlerischen Personals einerseits und der Bühne im Westturm des Schlosses Friedenstein mit seiner allerdings bemerkenswerten Bühnentechnik andererseits.28 Und viertens schließlich muss die Aufführung als das eigentliche Ereignis angesehen werden, bei dem der Text nur ein, wenn auch wichtiges Element bildet. Erst in der Auf- führung entsteht in der Interaktion zwischen Bühne und Zuschauern, hier eben nicht der Wiener, sondern der Gothaer Hofgesellschaft, ein von der konkreten Situation nicht ablösbarer Sinn. Leider lässt sich mangels überlieferter Dokumente der Aufführungs- 27 Böhme behauptet, jedoch ohne Belege, dass das Singspiel »nie durchkomponiert worden« sei. Vgl. Böhme 1931, S.  102. »Durchkomponiert« im Sinne einer Komposition des gesamten Haupttextes waren aber die übrigen Gothaer Singspiel-Libretti ganz sicher auch nicht. 28 Vgl. hierzu Dobritzsch 2004.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Title
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Subtitle
Hof – Oper – Architektur
Authors
Margret Scharrer
Heiko Laß
Editor
Matthias Müller
Publisher
Heidelberg University Publishing
Date
2020
Language
German
License
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Size
19.3 x 26.0 cm
Pages
618
Keywords
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Category
Kunst und Kultur
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