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Carlos María Solare
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Bewunderung und Beifall«17 aufgenommen worden seien, sind überhaupt keine Be-
richte überliefert – weder lobende noch kritische –, wie sie für andere vergleichbare
höfische Aufführungen reichlich vorhanden sind. Offenbar wurde der herrschende Ge-
schmack weit verfehlt. Das spanische Theater verfolgte ganz andere Wege als dieje-
nigen, die in Italien zur Geburt der Oper als Wiederbelebung der antiken Tragödie
geführt hatten. Diego Hurtado de Mendoza hatte La gloria de Niquea gerade deshalb
gelobt, weil sie sich vom italienischen Geschmack distanzierte.18 Die damals typisch
spanische Abneigung gegenüber jeglichen Neuerungen wurde mit Sicherheit dadurch
verstärkt, dass diese Neuerung aus dem Ausland kam. Wie der Historiker John Elliott
schreibt, war die spanische Gesellschaft »instinctively resistant to the very idea of
›innovation‹. When innovations were also foreign-inspired they became doubly de-
testable.«19 So wurde allem Anschein nach der musikalische Versuch der Florentiner
gleichsam totgeschwiegen.
Calderón wird Hofdichter
Nach dem Tod von Lope de Vega im Jahr 1635 trat Pedro Calderón de la Barca dessen
Nachfolge als Hofdichter Philipps IV. an. Zu seinen Aufgaben gehörte das Verfassen
von fiestas mitológicas sowie die Mitwirkung an deren Inszenierung. Leider hat die
sonst flächendeckend arbeitende Calderón-Forschung bis vor relativ kurzer Zeit gerade
aufgrund des erwähnten Übermaßes an bühnentechnischen Effekten seine mythologi-
schen Festspiele nicht ernstgenommen. Schon 1881 hatte Marcelino Menéndez Pelayo
in Calderón y su teatro geschrieben: »En estas comedias mitológicas como en toda espe-
cie de dramas de espectáculo, el poeta queda siempre en grado y en categoría inferior al
maquinista y al pintor escenógrafo. Eran obras que se destinaban a solaz de los Reyes
y de la corte, ora en el Palacio, ora en el Buen Retiro, y en las cuales más se atendía al
prestigio de los ojos que a la lucha de los afectos y los caracteres, ni a la verdad de la
expresión.«20
Nachfolgende Forschergenerationen machten sich diese Meinung ungeprüft zu ei-
gen. Erst in den letzten Jahrzehnten ist die Tatsache zur Kenntnis genommen und ge-
würdigt worden, dass Calderón sich genauso viel Mühe bei der Gestaltung seiner höfi-
schen Stücke gegeben hat wie bei den autos sacramentales, die er Jahr für Jahr ebenfalls
aufführte.21 Die Beschäftigung mit dem musikalischen Aspekt der fiestas mitológicas,
17 Whitaker 1984, S. 66.
18 »[…] desprecio más que imitación de los espectáculos antiguos, de que aun hoy Italia presume tanto de
gentil.« Zit. nach Stein 1993, S. 203, Anm. 43.
19 Elliott 1986, S. 680.
20 Menéndez Pelayo 1910, S. 365–366.
21 Chapman 1954 war die erste Untersuchung, die sich der comedias mitológicas im Detail annahm.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Title
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Subtitle
- Hof – Oper – Architektur
- Authors
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Editor
- Matthias Müller
- Publisher
- Heidelberg University Publishing
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Size
- 19.3 x 26.0 cm
- Pages
- 618
- Keywords
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Category
- Kunst und Kultur