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FragenachMythen inGeschichtsschulbüchern gestellt wurde.32 Innerhalb der
enger gefassten geschichtsdidaktischen Debatte hingegen wurde die interna-
tional geführteMythendiskussion kaumwahrgenommen und der Begriff des
Mythos geschichtsdidaktisch fast gar nicht diskutiert. Es scheint, alswäre das
didaktische Potential, das in den Mythen liegt, bisher noch nicht entdeckt
worden.Sosind indeneinschlägigenHandbüchernkeineEinträgevorhanden,
die explizit denMythos zumThemamachen.Allerdings hat schonKarl-Ernst
Jeismann auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit »Normen und
Wertungen,WünschenundErwartungen, die sich inGeschichtsvorstellungen
inkarniert haben, unbewusst zu ›Wahrheiten‹ versteinert sein können oder
bewusst als historisches Herrschaftswissen instrumentalisiert werden«33 ver-
wiesen,worunter auchdieBeschäftigungmit demMythos verstandenwerden
kann.
Dennoch gibt es einige wenige Ausnahmen der geschichtsdidaktischen
Auseinandersetzung mit Mythen im »Geschichtsbewusstsein in der Gesell-
schaft«.Hans-JürgenPandelversuchteerstmals1996einegeschichtsdidaktische
EinordnungvonLegenden,MythenundGeschichtslügen, indererdenMythos
als »kontrafaktische« oder »Pseudogeschichte« innerhalb derDichotomie Fik-
tion und Realität34 interpretiert. Die Frage danach, warumMythen zumGe-
genstand desUnterrichts gemacht werden sollten, beantwortet Pandel konse-
quenterweise mit dem Einüben von unterschiedlichen Gattungen – »›wahre
Geschichte‹ und ›erfundene Geschichte‹«.35Mythen sollten von Schülerinnen
undSchülerndarüberhinausauchgekanntwerden,uminderGeschichtskultur
mitreden zukönnen.36 Interessant ist, dass Pandel in der ästhetischenDimen-
sion vonMythen einen Grund dafür sieht, dass sich diese im Geschichtsbe-
wusstsein durchsetzen,37 ein Gedanke, der weiter unten noch einmal aufge-
griffenwerdenwird. Karl Filser kritisierte in der Folge diesenMythenbegriff,
weilMythenbei Pandel »in einemüberwiegendpejorativenSinn«38betrachtet
32 Vgl.RolandBernhard,GeschichtsmythenüberHispanoamerika.Entdeckung,Eroberungund
Kolonisierung indeutschenundösterreichischenSchulbücherndes21. Jahrhunderts (Eckert.
DieSchriftenreihe134),Göttingen:V&Runipress, 2013.
33 Karl-Ernst Jeismann, »Didaktik der Geschichte. DieWissenschaft von Zustand, Funktion
undVeränderung geschichtlicherVorstellungen imSelbstverständnis derGegenwart«, in:
Erich Kosthorst u.a. (Hg.),Geschichtswissenschaft. Didaktik – Forschung – Theorie, Göt-
tingen:Vandenhoeck& Ruprecht, 1977, 9–33, 14.
34 Hans-Jürgen Pandel, »Legenden –Mythen – Lügen.Wie viel Fiktion verträgt unser Ge-
schichtsbewusstsein«, in:Geschichte lernen, 52 (1996), 15–19, 16.
35 Ebd., 18.
36 Ebd., 19.14 JahreSpäterwirdPandel indiesemZusammenhangvon»geschichtskultureller
Kompetenz« sprechen: Hans Jürgen Pandel, Historisches Erzählen. Narrativität im Ge-
schichtsunterricht, Schwalbach/Ts:WochenschauVerlag, 2010, 72.
37 Pandel,Legenden-Mythen-Lügen, 17.
38 Karl Filser, »›WenndieVergangenheit sichnicht fügt…‹NationaleMythen imGeschichts-
RolandBernhardetal.18
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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Title
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Subtitle
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Authors
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Editor
- Christoph Kühberger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 294
- Category
- Lehrbücher