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DieDeutungen inGeschichtsschulbüchern fürGymnasien1990bis2013
(vorG8 inNRW)
MitVerherrlichung vonSchlachten taten sich neuere Schulbücher schwer.Die
sehr pädagogische Problematisierung des Themas »Marathon/Salamis« bei
Zeiten und Menschen lautete 1999: »Warum führen Menschen Krieg? Wie
können Kriege verhindert werden?«33Noch immer war viel von Freiheit die
Rede,dochohnePathos.
ImSinneder interkulturellenWendewurdedieKulturderPerser jetztweit-
gehendwertneutral gesehen. Von »Knechtschaft« war in schulischenDarstel-
lungstextenüberhaupt nichtmehrdieRede, stattdessendurftendiePerser bei
Klett sogar selbst alsBefreier auftreten:
DerpersischeGroßkönigbeließdenunterworfenenVölkern ihreReligionenundSit-
ten. In der geschichtlichen Erinnerung der Juden haben die Perser sogar einen Eh-
renplatz, weil sie die lange Zwangsumsiedlung nach Babylon beendeten und ihnen
erlaubten, in JerusalemdenTempelwiederaufzubauen.34
ZumAnlassderPerserkriegeheißt es,Daraios entschuldigend:
Natürlich konnte der Perserkönig nicht dulden, wenn sich Teile seines Reiches
selbstständig machten. Genau dies aber hatten die Griechen in Kleinasien seiner
Meinungnachgetan,alssieausGründen,dieernichtverstand,imJahr500v.Chr.unter
derFührungderStadtMileteinenAufstandunternahmen.Eswar fürdenPerserkönig
undenkbar,diese streitsüchtigenGriechengewährenzu lassen.35
Statt republikanischer Heldensöhne wie noch im neunzehnten Jahrhundert
waren es also nun die »streitsüchtigenGriechen«, die aus nichtigen Gründen
–obwohl es ihnenunter persischerHerrschaft docheigentlichganzgut ging–
einenKrieg vomZaun brachen. Den griechischen Poleis auch imMutterland
(v.a. Sparta) wird reineMachtgier unterstellt. Daraios schickte daraufhin ein
–wiebetontwird–»nicht sehrgroßesHeer«.36
33 Hans-JürgenLendzianundWolfgangMattes(Hg.),ZeitenundMenschen,Bd.1,Paderborn:
Schöningh, 1999, 176.
34 UrsulaFries,PeterGautschiu.a.:GeschichteundGeschehen, Leipzig:Klett, 2006, 97.
35 Ebd., 97–98.
36 Ebd.,98.RenommierteHistorikergehenvoninsgesamt90.000Mannaus,davon(abgesehen
vonSeeleutenundTross)25.000Fußsoldatenund800Reiter.(Meier,Athen,247.)Esistkaum
vorstellbar, dass die Griechen, die denWiderstandwagten, eine auch nur annähernd so
großeStreitmacht zumobilisieren inderLagewaren.
FelixHinz42
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Title
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Subtitle
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Authors
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Editor
- Christoph Kühberger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 294
- Category
- Lehrbücher