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46 IX. Die Ausbildung der Staatsgewalt.
selbständigehabsburgische Dynastien, in die österreichische und in die spanische,
gespalten wurde. Um die Einheitlichkeit und damit auch die Großmachtstellung
der österreichischen Monarchie zu sichern, mußte für ihre di'ei Ländergruppen eine
gleiche Erbfolgeordnung geschaffen werden, die nach dem Grundsatze der Einzel-
nachfolge Länderteilungen ausschloß und die Erstgeborenen der ältesten Linie
zurHerrschaft berief.VonRudolf IV. angefangenhaben sichweitblickende Regenten
bemüht, die Unteilbarkeit ilirer Länder und die Nachfolge nach dem Rechte der
Erstgeburtdurchzusetzen. Aber erstnachdemÖsterreichdurchHeerundVerwaltung
als eine trotz der verschiedenen Herkunft und Verfassung seiner Bestandteilevom
Willen des Monarchen einheitlich beherrschte Macht aufgerichtet war, konnten
diese Grundsätze verfassungsmäßig festgelegt werden.
Das ist durch die von KarlVL im Jahre 1713 als Hausgesetz kundgemachte
Pragmatische Sanktion geschehen^). Li den folgenden Jahren ist sie
von den Landtagen der österreichischen Länder, vom böhmischen Landtage unter
Berufung auf ältere Grundgesetze, zuletzt mit (gewissen, praktisch belanglosen)
Abweichungen von den ungarischen Ständen angenommen worden. Erst dadurch
ist das Hausgesetz für Ungarn zum Verfassungsgesetze geworden, während es für
Österreich und Böhmen schon an sich verbindlich war. Die frühere Personalunion
mit Ungarn ist damit auch rechtlich zur Realunion geworden, nachdem diese
engere Verbindung politisch schon fi'üher vorbereitet worden war. Die von den
Habsburgern beherrschten Länder bildeten fortab einen untrennbaren und un-
teilbaren Verband, der la-aft verfassungsmäßiger Notwendigkeit dem gleichen
Herrscher unterworfen war. Damit war eine der wichtigsten Voraussetzungen für
einen noch engeren Zusammenschluß dieser Länder gegeben, der in letzter
Linie auf die Errichtung eines absolut regierten Einheitsstaates abzielte. Das
Mittel dazu war die Ausbildung und Zentralisation der Verwaltung.
4. Die Ausbildung der landesfürstlichen
Verwaltungsbehörden.
Schon Maximilian L hat den Beamtenstaat angebahnt und zentrale landes-
fürstliche Ämter für seinen gesamten Länderbesitz eingerichtet. Er schuf sowohl
für die oberösterreichische als auch für die niederösterreichische Ländergruppe
Regierungs- und Finanzkollegien, in dem Hofrate und der Hofkammer aber dem
Reiche und den österreichischen Erblanden gemeinsame oberste Zentralstellen,
die eine für Regierungs- und Justizangelegenheiten, die andere zur Verwaltung
der aus den Erblanden und aus dem Reiche fließendenEinnahmen. Die Kontrolle
oblag für alle Erblande der Rechenkammer in Innsbruck. Der Machtbereich des
LandesherrnwurdedurchPolizei, Wohlfahi'tspflegeund späterhin auch durch Volks-
wirtschaftspolitikerweitertund dieDurchfüln-ungdieser Aufgaben, sowiederRechts-
pflegebesoldetenundvomLandesherrnabhängigenBerufsbeamtenübergeben^). Diese
1) Über ihren Inhalt vergl. unten S. 80,— ^) Hand in Handdamit ging die sogenannte Re-
zeptiondes römischenRechtes. Diegelehrten ^lichter wendeten die Rechtssätze des
Corpus juris an Stelle des überlieferten heimatlichen Rechtes an. Das entsprach der yorstcllung,
daß das Römische Reich Deutscher Nation die Fortsetzung des alten römischen Reiches sei, und
lag im Geiste der Renaissance als derWiederbelebung antiker Kultur. Auch erforderte die höhere
Wirtschaftsstufe, auf welche die deutschen Städte und Territorien gegen den Ausgang des
Mittelalters sich erhoben, ein schriftlich festgelegtes und feiner ausgebildetes Recht.
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Österreichische Bürgerkunde
- Title
- Österreichische Bürgerkunde
- Author
- Heinrich Rauchberg
- Publisher
- Verlag von F. Tempsky
- Location
- Wien
- Date
- 1911
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.4 x 24.0 cm
- Pages
- 278
- Categories
- Geschichte Vor 1918