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XLIII. Die Landwirtschaft. 191
in den meisten Ländern bereits erlassen oder in Vorbereitung. Und auch eine neue
Regulierung und Ablösung der Servituten ist durch eine Reihe von Landesgesetzen
angebahnt worden, um die Berechtigten im Genüsse der Servituten und bei deren
Ablösung besser zu schützen.
Die Flureinteilung zu verbessern bezweckt die Gesetzgebung über
die Zusammenlegung (Kommassation, Arrondierung) der Grundstücke.
Sie ist dadurch veranlaßt, daß zur Zeit der früheren gutsherrlichen Betriebsweise
und der Dorfgemeinschaft hauptsächlich Dreifelderwtschaft getrieben wurde.
Dieselbe brachte zugleich mit dem Flurzwang der gebundenen Fruchtfolge auch
eine Zersplitterung und Gemengelage der zu den einzelnen Höfen gehörigen Grund-
stücke mit sich, die eine rationelle freie Fruchtwechselwirtschaft erschwert, wenn
nicht verhindert. Diese Nachteile können durch die tauschweise Zusammenlegung
jener Grundstücke behoben werden, die dem gleichen landwirtschaftlichen Betrieb
zugehören. Sie wd durch Gebühren- und Stempelfreiheit, durch Erleichterung
der gi'undbücherlichenDurchführung u. s.w. gefördert, bedarf aber doch eines um-
fassenden Planes und muß nötigenfalls gegen den Willen einer widerstrebenden
Minderheit durchgeführt werden. Daher sieht ein Reichsgesetz vom Jahre 1883
eine behördliche Neuverteilung der Feldflur unter die Grundbesitzer vor. Hiebei
wird jeder für die abgetretenen Grundstücke dadurch entschädigt, daß er andere,
für seine Zwecke besser gelegene Grundstücke von annähernd gleichem Werte
erhält; unerhebliche Wertverschiedenheiten werden in Geld ausgeglichen. Voraus-
setzung ist ein Mehrheitsbeschluß der Beteiligten. Auch um größere Meliorationen,
die Bewässerung oderEntwässerung ausgedehnter Landstriche zu fördern,kann eine
solche Zusammenlegung angeordnet w^erden. Die Landesgesetze, die zur Wirk-
samkeit dieses Reichsgesetzes erforderlich sind, sind jedoch noch nicht in allen
Ländern zustande gekommen. Zur Durchfühi'ung der Zusammenlegungen, sowie
der Teilung und der Regulierung von agrarischen Gemeinschaften u. s. w. treten
besondereBehörden für agrarische Operationen: Lokalkommissäre, Landeskommis-
sionen und eine Ministerialkommission im x\ckerbauministerium an Stelle der
Gerichte und politischen Behörden in Wirksamkeit.
In Verbindung mit den Bestrebungen zur Verbesserung der FlureinteUung
stehen auch die Gesetze zum Schutze der Alpen und zur Förderung
der Alpenwirtschaft, die neuestens von den Landtagen der meisten öster-
reichischen Alpenländer beschlossen worden sind. Sie verbieten, die Alpen ihres
,,alpenwirtschaftlichen Charakters zu entkleiden", fordern für Gemeinde-, Gemein-
schafts- und ähnliche Alpen die Aufstellung von Wirtschaftsplänen und stellen
die Alpen unter sachverständige Aufsicht.
Eine zweite Gruppe von agrarpolitischen Gesetzen und Verwaltungsmaß-
nahmen betrifft dieHebung des BodenertragesdurchFörderunglandwirtschaftlicher
Meliorationen. Meliorationen sind Aufwendungen von Kapital und Arbeit,
welche die Ertragsfähigkeit von Grundund Boden dauernd erhöhen. Sie fallen ja
zunächst indieprivateWhischaftsführungdereinzelnen Grundbesitzer.Wennsie sich
jedoch auf weitere Gebiete erstrecken, bedürfen sie des Eingreifens der öffentlichen
Gewalt, um die Hindernisse zu beseitigen, die in dem Widerstand von Mitbe-
teiligten,auchinentgegenstehenden Privatrechtengelegen sind.Das gilt insbesondere
von den Meliorationen durch Wasserbauten: durch Bewässerungs- und Ent-
wässerune:sanlagen.
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book Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Title
- Österreichische Bürgerkunde
- Author
- Heinrich Rauchberg
- Publisher
- Verlag von F. Tempsky
- Location
- Wien
- Date
- 1911
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.4 x 24.0 cm
- Pages
- 278
- Categories
- Geschichte Vor 1918