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PORTIER Bitte, bitte! Wenn Sie sichs leisten können, noch sieben Wochen zu warten --
LUISE Ich kann es mir leisten!
LAUTERBACH Habens einen Freund?
LUISE Ich hab überhaupt niemand! Für mich existiert nur mein Sopran und sonst
nichts. (zum Portier) Ist es denn nicht Aufgabe eines arrivierten Intendanten,
junge, strebsame Menschen zu entdecken?
PORTIER Ja? -- Fragens ihn selber!
LUISE Werd ich auch!
PORTIER Da kommt er grad!
LAUTERBACH (blickt über den Platz, böse) Dann geh ich!(Ab durch das BBühnentürl)N
INTENDANT (kommt, sieht niemanden.)
PORTIER Ergebenster Diener, Herr Intendant!
INTENDANT Guten Abend, Sobottka! Gehns, schauns gleich mal nach, wo der Lauter-
bach steckt und bringens mir den Burschen lebendig oder tot! BN
PORTIER Sofort, sofort! (rasch ab durch das Bühnentürl.)
INTENDANT ( BwillN ihm Bfolgen.)N
LUISE Herr Intendant!
INTENDANT (stutzt, hält, sieht aber gar nicht hin.)
LUISE Herr Intendant, ich wart ja schon so lang auf Sie! So, so lang! Ich hab nämlich
einen Sopran, einen lyrischen Sopran, und ich lasse nicht locker trotz Regen und
Spott! Denn ich bin entschlossen dazu, weil ich von mir überzeugt bin und weiss,
dass ich was leisten werd -- (Sie stockt, da der Bühnenportier hastig wieder er-
scheint.)
PORTIER Melde gehorsamst, der Lauterbach ist auf dem Schnürboden!
INTENDANT Danke, Sobottka! (Er deutet auf Luise) Ich hab keine Zeit! (Ab durch das
Bühnentürl.)
PORTIER (ironisch) Also Fräulein, dann wartens nur noch -- und tuns Ihnen einen
Schal um den Hals, sonst verlierens noch Ihre Stimm!(Ab durch das Bühnentürl.)
LUISE (starrt ihm nach und schreit dann) Sitzen Sie einmal auf dieser Bank da, um
nur einmal zeigen zu können, was Sie können! Schuft! (Sie weint.) Aber ich lasse
nicht locker! -- O Mutter im Himmel, denkst noch -- an mich? Schau, ich hab kei-
nen Schal! -- Spürst es, wie es hier drunten zieht?! -- (Windstoss. Sie kuschelt sich
zusammen, friert. Lichtwechsel beginnt. Erde verdämmert. Himmel leuchtet auf.
Wind wird zur Sphärenmusik.)
-.-.-.-.-.-.-.-.-.-
III.
Im Himmel.
Frau Steinthaler sitzt auf einer Wolkenbank und starrt hinab auf die Erde. Sie hat nun
bereits ihre Flügel und ist ein seliges Wesen. Ab und zu macht sie sich feuchte Um-
schläge auf die Stirne, denn sie leidet an Kopfschmerzen.
10 BBühnentürl)N] korrigiert aus: Bühnentürl).
14 BN] [Ein feiner Hilfsregisseur ist das! Bei der heutigen Generalprob soll er ja wieder
lebensgefährlich besoffen gewesen sein! Eine verlässliche Kraft!]
16 BwillN] korrigiert aus: Will
16 Bfolgen.)N] korrigiert aus: folgen). SB Bühnenverlag
1934, S. 14
SB Bühnenverlag
1934, S. 14a
SB Bühnenverlag
1934, S. 14b
SB Bühnenverlag
1934, S. 14c
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40 EndfassungHimmelwärts K1/TS7/A2 (Korrekturschicht)
Wiener Ausgabe sämtlicher Werke
Historisch-kritische Edition, Volume 1
- Title
- Wiener Ausgabe sämtlicher Werke
- Subtitle
- Historisch-kritische Edition
- Volume
- 1
- Author
- Ödön von Horváth
- Editor
- Klaus Kastberger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-058470-7
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 338
- Categories
- Weiteres Belletristik