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Vorarbeit 2
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Handlungsverlauf für das zweite Bild, der aber schließlich nicht mehr realisiert
wurde. Die maschinenschriftliche Grundschicht setzt mit einem Dialog zwischen
Frau Merkl, die in Klammern als „Frau des Fernrohr[s]“ bezeichnet wird, und Rosa
(ebd.; vgl. E1, E2, E4, E9, E10 und E15–E20) ein. Es ist anzunehmen, dass es sich bei die-
sem vormals dritten, nun zweiten Bild um älteres Material handelt, das Horváth für
TS7 neu adaptieren wollte. Denn entgegen den Strukturplänen und Figurenlisten von
VA2 tauchen hier noch Figuren wie Herr und Frau Merkl auf. Merkl spielte in VA1 eine
zentrale Rolle im Werkprojekt, verschwand aber mit VA2 aus diesem (vgl. VA1/TS1, E6,
E7, E16–E18, E22, E31 und E33). In dem in der Grundschicht realisierten Bild bietet Rosa
Frau Merkl zunächst „Bonbons“ (vgl. E13) an, doch Frau Merkl lehnt ab, weil sie
Angst hat, zu dick zu werden. Ihr Mann möge zwar Dicke, aber nicht, wenn sie selbst
dick werde. Ihr Mann ist in den „Hauptvorstand“ (vgl. oben) „hineingewählt“ wor-
den und hat jetzt keine Zeit mehr für sie (vgl. Bl. 7). Außerdem schaue er immer mit
dem „Fernrohr“ auf die Erde (vgl. ebd.). Zuletzt diskutieren die beiden über Männer-
und Frauenrollen in Arkadien. Da taucht Merkl auf (vgl. Bl. 8) und berichtet davon,
dass ein „Mensch“ (ebd.) angekommen sei. Er habe ihn zum „Abendessen“ (ebd.;
vgl. E1, E4–E6, E11 und E15–E18 sowie die Treffen zum Kaffeeklatsch in E9 und E15) ein-
geladen. Hier bricht die dialogische Ausarbeitung ab, und Horváth notiert nur:
„Merkl (kommt -- die alten Weiber verführen ihn)“ (ebd.), womit ein zentrales Motiv
von VA1 aufgenommen wird (vgl. VA1/E6, E7, E13, E16, E18 und E31). Daraufhin kommt
es zu einem Streit zwischen Merkl und Frau Merkl (vgl. Bl. 8). Es ist anzunehmen,
dass dieser Handlungsverlauf durch die handschriftlich auf Bl. 7 skizzierte Hand-
lung um Karoline ersetzt werden sollte, die Horváth alternativ notierte. In der Tran-
skription von Bl. 7 und 8 in TS7/A4 wird zwar die maschinenschriftliche Grund-
schicht transkribiert, die auf Bl. 7 notierte Alternativhandlung aber als Variante
geboten.
Das dritte Bild zeigt Kasimir und den „Vorsitzenden“ (Bl. 9; vgl. E1–E4, TS1und E13).
Es handelt sich dabei um die offizielle Begrüßung Kasimirs in Arkadien (vgl. die Bil-
der „Empfang“ wie oben genannt sowie seine „Einführung als Arkadier“ in E5, E6, E13
und E16–E18). Der Vorsitzende bezeichnet Arkadien als „die höchste Vervollkomm-
nung gewissermassen der staatenbildenden Wesen“: „Wir haben keine Stufe mehr vor
uns! Wir beherrschen die Natur, wir haben die Maschine überwunden, wir müssen
nichts arbeiten -- der ausgesprochene Wunsch allein, genügt schon.“ (Bl. 9) Sie hät-
ten sich „zusammengefunden zu einem wahren Kollektiv! Wir haben keinen Staat
mehr, wir bilden nurmehr einen Gesangverein!“ (ebd.). Kasimir erkennt, „dass Sie
hier einen Staat haben, der so die Sehnsucht von uns ist“ (Bl. 10). Zugleich wird ihm
zu verstehen gegeben, dass er nicht mehr auf die Erde zurück kann, denn „[d]as ist
ein langer Weg“: „Wenn Sie auf der Erde ankommen, dann sind Sie vielleicht schon
uralt -- oder Sie leben überhaupt nichtmehr.“ (ebd.). Am Abend soll dann Kasimirs
„Einführung als Arkadier“ erfolgen, die einige frühere Strukturpläne schon vorgese-
hen haben (vgl. oben): „Du bekommst Deine Flügel und wirst ein Arkadier!“ (Bl. 10),
meint der Vorsitzende dazu.
Das vierte Bild zeigt nun den bereits eingeführten Arkadier Kasimir, der seine „Flü-
gel“ (Bl. 11) hat. Er ist allein und merkt, dass er „Hunger“ (ebd.) hat. Deshalb macht
er von seiner Wunschkraft Gebrauch und wünscht sich etwas zu essen (vgl. E5, E6 und
TS6). Danach begehrt er nach „etwas [W]eibliche[m]“ (Bl. 11; vgl. E5 und E6) und ei-
nem „Sofa“ (ebd.). Das Sofa erscheint, doch das „Mädchen“ (Bl. 12) bleibt aus. Statt-
dessen taucht der „Pantoffelheld“ auf (ebd.; vgl. E1, E2, E4–E6, E8–E10 und E14–E20). Er
Wiener Ausgabe sämtlicher Werke
Historisch-kritische Edition, Volume 1
- Title
- Wiener Ausgabe sämtlicher Werke
- Subtitle
- Historisch-kritische Edition
- Volume
- 1
- Author
- Ödön von Horváth
- Editor
- Klaus Kastberger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-058470-7
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 338
- Categories
- Weiteres Belletristik