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Ehe bedeutet für sie ein Gefängnis. Sie äußerte sich kritisch gegenüber der Heiratspolitik
ihrer Zeit, die von Geldgier und Materialismus beherrscht war. Daraufhin warf man ihr Ar-
roganz und Überheblichkeit vor. In ihrem Tagebuch gab sie jedoch zu, Spaß mit Männern
haben zu wollen und berichtet ausführlich von ihren sexuellen Erfahrungen.
1839 –1840 unternahm D. J. Reisen und lebte eine Zeit lang in Triest, Venedig und Graz. In
Graz lernte sie den Dichter Ivan Trnski kennen. Ihre Seelenverwandtschaft und platonische
Liebe brachten sie zur Illyrischen Bewegung: sie wird zur Kommilitonin und weiblichen
Stimme der Bewegung. Trnski unterstützte ihre literarische Tätigkeit. Von nun an bemühte
sie sich in ihrer Muttersprache zu schreiben und wandte sich intensiv ihrem literarischen
Schaffen zu, wurde aber nach der Rückkehr weiterhin von den finanziellen und familiären
Problemen verfolgt. Ihre literarischen Beiträge veröffentlichten zahlreiche Zeitungen und
Zeitschriften, sie beklagte jedoch immer wieder magere oder keine Bezahlung und verdiente
ihren Lebensunterhalt zusätzlich als Erzieherin und Lehrerin.
Ihre feministische Lebenseinstellung spiegelt sich in den kritischen Beobachtungen der
gesellschaftlichen Rollenverteilung ihrer Zeit: diese dränge Frauen in ökonomische Ab-
hängigkeit von Männern. Demnach müssen sie heiraten um ihre eigene Existenz und die
ihrer Kinder zu sichern. D. J. prangerte auch die Passivität der Frauen an: sie akzeptieren das
Leben in der Abhängigkeit als einen Weg, der leichter sei als der Kampf um Gleichheit und
Selbständigkeit. Sie kritisierte gleichzeitig mangelnde Solidarität unter Frauen, ihren Neid
und die gegenseitige Boshaftigkeit. Fehlende Unterstützung in der Familie – besonders der
Mutter – schade den Mädchen und jungen Frauen, denn sie leiden an mangelndem Selbst-
bewusstsein. Außerdem würde den Mädchen und jungen Frauen der Zugang zur Bildung
durch die Bevorzugung männlicher Familienmitglieder verwehrt.
In ihrem Roman „Dva pira“ (1864) thematisiert sie die Emanzipation der Heldin, einer
ungarischen Adelstochter und ihre Befreiung von den Fängen der Tradition und des Pat-
riarchats. Die Emanzipation der Frau steht im engen Zusammenhang mit der materiellen
Unabhängigkeit und Bildung, mit der gesellschaftlichen Akzeptanz der Frau als dem Mann
in jeder Hinsicht ebenbürtig und der Abschaffung starrer gesellschaftlicher Strukturen, die
die Entfaltung der Frau sowie des Mannes zu glücklichen und freien Wesen verhindern.
D. J. wurde von der Literaturwissenschaft lange Zeit vernachlässigt, in den sechziger Jahren
wurden Teile ihrer Tagebücher veröffentlicht, aber als Nymphomanin und psychisch krank
bezeichnet (siehe Dvoržak, Stanko (1958): Vorwort). Erst in den neunziger Jahren erfolgt eine
differenzierte Auswertung ihrer Werke und Anerkennung des feministischen Gedankenguts.
W.: „Fantasien eines gequälten Herzens“ (1830), „Domorodne poviesti (Vaterländische
Erzählungen)“ (1843), „Dva pira“ (1864), Dramen mit Frauenthematik (Duvna, Veronika
Desiniceva, Marija, kraljica ugarsko hrvatska), die soweit bekannt nie aufgeführt oder veröf-
fentlicht wurden, „Dnevnik jedne žene“ (1958), „Dnevnik“ (2000)
L.: Detoni-Dujmić 1998, Detoni-Dujmić 2003, Nemec 1995, ÖBL
Vesela Tutavac
Jasper Emilie, geb. Dickhut; Buchhändlerin, Bibliothekarin und Buchdruckerin
Geb. Mannheim, Deutschland, 21. 10. 1818
Gest. Wien, 7. 10. 1895
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika