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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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In der Akademie herrschte damals ein Überschäumen der frei- heitlichen Bestrebungen. Wie betrachten uns mehr als akademische Bürger, denn als Zöglinge eines militärischen Internats. Bei manchen gingen die Hemmungen verloren, die die strenge Zucht des Kadetten- institutes anerzogen hatte. Wir wurden leichtlebig, gesellschaftliche Vergnügungen beherrschten unsere Phantasie und hielten uns vom rigorosen Studium ab. Ich wandte meine Aufmerksamkeit fast nur den militärischen Fächern zu, dafür war ich am Eisplatz, im Theater und bei kleinen winterlichen Tanzunterhaltungen ein gern gesehener Gast. Wie ich dies finanziell mit meiner fixen Monatszulage von fünf Gulden leisten konnte, ohne in Schulden zu geraten, ist mir heute ein Rätsel. Freilich waren damals die I^ebensverhältnisse außer- ordentlich billig. So erhielt man z. B. um sechs Gulden im Monat den Mittagstisch in einem guten Restaurant. Überdies wurden den „Herren Akademikern" überall Speziaipreise zugebilligt, und so konnten wirum einen Spottpreis im Parkett des Stadttheaters sitzen und uns an der leichtgeschürzten französischen Muse, an den Offen- bach-Operetten und denWiener Volksstücken von O. F. Berg erfreuen und uns daran den guten Geschmack verderben.— Freien Ausgang erhielten wir an Sonn- und Feiertagen und zwecks Theaterbesuches. Den meisten genügte das nicht, und siesuchten ihre eigenenWege in dieFreiheit. So kletterten auch wir, meineLieblings- kameraden Kunz, Baron Mirbach und ich, fast unter Lebensgefahr über die Mauern. Diese Klettertouren illustrierte Mirbach, der nach- malige ersteVertreterundPräsident derSezession. Es istewigschade, daß wir dieseSkizzendesberühmtenTalentesnichtaufbewahrthatten. In das zweite Jahr fiel die erste Einquartierung (Neunkirchen bei Neustadt). Im Gasthof, wo wir die Mahlzeiten einnahmen, saßen wir oft mit Arbeiterführern beisammen. In der Neimkirchener Gegend ent- standen damals die großen Fabriketablissements, denen zahlreiche Arbeiter zuströmten, besonders aus Preußen und den Rheinlanden. Diese Arbeiterführer entwickelten, zu imserem grenzenlosen Er- staunen, ihre sozialistischen Ideen. Namentlich einer, der ,,auch bei Düppel gewesen", konnte sich an freiheitlichen Worten nicht genug- ttm und sprach dabei stets reichlich dem Bier und dem Wein zu. Begreiflicherweise stieß uns dies im hohen Maße ab, und noch nach Jahren erschienenmanchemvon uns sozialistischeIdeen undtrunkene Arbeiterführer wie synonyme Begriffe. Eine Anschauung, die dann durch das Leben in andere Bahnen geleitet wurde. Große Ereignisse brachte der nächste Sommer ; denn wir schrieben das Jahr 1870! 27
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Title
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Subtitle
Eine Lebensschilderung
Author
Auffenberg von Komarów
Publisher
Drei Masken Verlag München
Location
München
Date
1921
Language
German
License
PD
Size
13.4 x 21.6 cm
Pages
536
Categories
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