Page - 77 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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und Anpassungsfähigkeit als Grundlage für ein modern geführtes
Gefecht galten mir als unverrückbare Richtlinien. Bei der Schieß-
ausbildung war es mir weniger um besonders qualifizierte Resultate
auf dem Schießstand, als um die Durchführung möglichst lebendig
gehaltener Gefechtsmomente zu tun. Meine Anforderungen an die
Tätigkeit und Dienstbeflissenheit gingen ziemlich weit. Direkt eklig
war ich aber nur bezüglich des Wachdienstes; nicht aus Pedanterie,
wohl aber aus Überzeugung. Der Wachdienst ist eine vorzügliche
Vorschule für den Krieg. Gewissenhaft und, wenn nötig, unerbitt-
lich eingehalten, wirkt er schließlich aufdenCharakter, sodaßstrengste
Pflichterfüllung zur Gewohnheit wird. Die Schildwache von Pompeji,
die sich lieber von der Lava hätte verschütten lassen, als vom Posten
zu weichen, wird mit Recht als der voUendete Ausdruck altrömischer
Soldatendisziplin und Pflichttreue erkannt und bewundert.
Damit das Heimatland, speziell die Heimatstadt Essegg, sich ihrer
gefaUenen Söhne erinnere, schuf ich ein Regimentsdenkmal. Eine
Sammlung erbrachte den für die damaligen Verhältnisse ganz be-
langreichen Betrag von 20000 Kronen. Das Kriegsministerium
überließ auf meine Bitte alte Kanonenbronze, und der strebsame
heimatliche Künstler Professor Franges übernahm die Schaffung
des Denkmales, das einen zu Tod getroffenen, dennoch vorwärts
stürmendenSoldaten in derFeldausrüstungvomJahre1866 darstellte.
Eine eigenartige Erscheinung, ein typischer Repräsentant einer
nun verschwundenenHerrenklasse,war der kommandierende General,
General der KavaUerie Baron Bechtolsheim. VoUblutjunker alten
Schlages hatte er sich als Rittmeister bei Custozza das Maria-There-
sien-Kreuz geholt. Diesem glücklichenUmstand und seinenBeziehun-
gen zu den höchsten Kreisen verdankte er seine Karriere. Er hatte
auch als Müitärbevollmächtigter in Petersburg gewirkt, wo ihm die
Gunst des Zaren Alexander II. zuteü geworden war. Mehr Höfling
als Soldat, war er über die jeweüigen Stimmungen und Ansichten,
die an den obersten Stellen walteten, stets genau informiert und
schuf diesen unbedingte Geltung und Raum. So entstanden oft in
kurzer Zeit und rascher Folge die entgegengesetzten Anforderungen,
was den General aber nicht weiter anfocht. Da er einen praktischen
Hausverstand hatte, traf er in einfacher Art häufig den Nagel auf
den Kopf und ließ sich bei Übungen nicht leicht ein X für ein U
vormachen. Übrigens genoß ich, mit kurzer Unterbrechung, sein
Wohlwollen im vollsten Maße.
Zu jener Zeit begannen die weiten I^atifundien des Großgrundbe-
sitzes Slavoniens ihre Besitzer zu wechsehi. Diese I^atifundien stamm-
ten großenteils aus Donationen, die während und nach den Türken-
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Title
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Subtitle
- Eine Lebensschilderung
- Author
- Auffenberg von Komarów
- Publisher
- Drei Masken Verlag München
- Location
- München
- Date
- 1921
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.4 x 21.6 cm
- Pages
- 536
- Categories
- Geschichte Nach 1918