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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Page - 89 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung

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sens und der Bestallung als Ministerpräsident in der Tasche, kam er am 24, Oktober nach Budapest, daselbst von der liberalen Partei wie ein Triumphator begrüßt. Da ich mich damals in Budapest aufhielt, war ich Zeuge der rauschenden Manifestationen. Doch auch einer anderen Episode gedenke ich. Ich traf den mir von Essegg her be- kanntenPräsidenten deskroatisch-slawonischenLandtages, Dr. Gjurg- jevic, der mit den Delegierten dieser Länder gekommen war, um den neuen Ministerpräsidenten zu begrüßen. Auf meine Frage, welche Stellung der kroatisch-slawonische Landtag einnehmen und wie er be- schließen würde, antwortete mir der Präsident: ,,Wir werden be- schließen, was- Sr. Majestät genehm sein wird!" Vom konstitutio- nellenStandpunkte ausmagman denKopf schüttelnund dieseHyper- trophie an Loyalität für den Führer eines Parlamentes bedenklich halten. Vom Standpunkte der Regierung, besser gesagt des obersten Faktors, kann man sich aber nichts Günstigeres und Bequemeres denken. Und mit diesem Manne konnte die Regierung dann nicht ins reine kommen, und man ließ es zu, daß er direkt verfolgt wurde, in völliger Mittellosigkeit starb, der auch seine Witwe durch keinerlei Gnadenakt entzogen wurde. Eines der vielen kleinen Beispiele tra- ditionellen Dankes.— Auch dem Grafen Tisza wollte es nicht gelingen, das Land aus dem Ex-lex-Zustand herauszuführen, obwohl auch er, wie alle seine Vor- gänger, sehr bald ins chauvinistische Fahrwasser einlenkte. Der von ihm in offener Parlamentssitzung verkündete Grundsatz, ,,in Ungarn sei der nationale Wille die einzige Quelle jeglichen Rechtes", stand in kausalem Zusammenhange mit dem Grundsatze der ,,Berechtigung geänderter Rechtsanschauungen", wodurch jegliches Staatsgnmdge- setz, daher auch die pragmatische Sanktion, auf eine labile Basis ge- stellt wurde. Alle diese Vorgänge, deren Rückwirkung ich deutlich verspürte, impressionierten mich lebhaft und bereiteten mir schwere Sorge. Man fühlte dasWehen des revolutionären Geistes, und dieErinnerun- gen an die Jahre 1848/49, die ich zum Gegenstand eines genauen Studiums genommen hatte, ließen mich Gegenwart und Zukunft in trübem Lichte sehen. Zunächst hielt ich die Garnison durch häufige Gesamtübungen in Atem und fester Disziplin. Im stillen verfaßte ich eine den Verhältnissen angepaßte Alarm- und Bereitschaftsin- struktion, um mich für alle Fälle zu sichern. Dabei tat es mir in der Seele weh, zu sehen, wie ein falsch verstandener, von Chauvinismus durchtränkter Patriotismus dieses schöne Land in die schwersten Wirmisse, ja direkt an den Abgrund führen müßte. Damals schon wie auch später durchdrang mich die Überzeugung, daßUngarns Be- 89
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Title
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Subtitle
Eine Lebensschilderung
Author
Auffenberg von Komarów
Publisher
Drei Masken Verlag München
Location
München
Date
1921
Language
German
License
PD
Size
13.4 x 21.6 cm
Pages
536
Categories
Geschichte Nach 1918
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