Page - 142 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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merhin blieb als Rest eine tüchtige Dosis Ranküne gegen mich zurück,
die den Keim des Giftbaumes büdete, der sich dann zu seltener Blüte
entfalten sollte.
Nach Sarajewo zurückgekehrt, kümmerte ich mich nicht weiterum
diese Vorkommnisse und wandte mich meinem, mir so zusagenden
Pflichtenkreis zu.
Um diese Zeit suchten viele Mitglieder des bosnisch-herzegowini-
schen Sabors (Landtags) einen regen Anschluß an mein Haus.
Die Moslims betonten ihre loyale Gesinnung. Nur wollten sie die
staatsrechtliche Verbindung in der Weise ausgestaltet wissen, daß
das Land autonom, mit einer Vertretung in den Delegationen, ge-
stellt würde. Die Schwierigkeit, daß sie dann in beiden Delegationen
vertreten sein müßten, da Bosnien-Herzegowina doch nicht als gleich-
berechtigter Körper mit den beiden großen Staaten angesehen werden
konnte, hielten sie für überbrückbar.
Die Kroaten, unentwegt loyal, dachten viel folgerichtiger, indem
sie dem Trialismus zustrebten— bei Vereinigung mit Dalmatien und
Kroatien: dem Wesen nach das Starcevid-Franksche Programm.
Als Metropole wollten die Kroaten Agram, die Bosnier das geogra-
phisch richtiger gelegene Sarajewo sehen.
Die Serben, insoweit sie sich mit der staatsrechtlichen Zugehörig-
keit zur Monarchie befreundeten, strebten die vollständige Auto-
nomie ohne Kroatien und Dalmatien an, dafür aber ein Herüber-
leiten der Serben aus dem Königreiche.
In meiner politischen Anschauung über die Lösung der südslawi-
schen Frage trat damals eine durch die Verhältnisse bedingte Modi-
fizierung ein, insoweit es sich um den einzuschlagenden Weg, nicht
aber um das erstrebenswerte Ziel handelte. Dieses Ziel blieb nach
wie vor die Schaffung eines südslawischen Staates im Rahmen der
Monarchie. Während mir aber bisher die Errichtung eines Groß-
kroatiens als der richtige Weg erschienen war, dachte ich jetzt an
einen anderen Weg, da man den ersten nur zögernd beschritten und
von ihm gleich wieder abgeschwenkt war. Ich meinte, man sollte es
mit Heranziehung der Serben versuchen. Zunächst mit den Serben
in den eigenen Ländern, dann— eventuell durch eine staatsrecht-
liche Verbindung— mit dem Königreich Serbien. Dies entsprach
auch den Anschauungen einflußreicher serbischer Politiker, denen
der Zusammenschluß aller Serben als das wichtigste anzustrebende
Ziel erschien, die aber hierbei die unmittelbare Verbindung mit der
damals noch mächtigen Monarchie unbedingt beibehalten und sich
nicht auf Abenteuer des kleinen Königreiches einlassen wollten. Ich
erachtete die Lösung als durchführbar. Überdies hätte sie den Vor-
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Title
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Subtitle
- Eine Lebensschilderung
- Author
- Auffenberg von Komarów
- Publisher
- Drei Masken Verlag München
- Location
- München
- Date
- 1921
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.4 x 21.6 cm
- Pages
- 536
- Categories
- Geschichte Nach 1918