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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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und den Franziskanern schlichten wollte. Dieser vatikanische Send- bote, ein französischer Belgier, nahm Sitz und Aufenthalt bei den ,,Töchtern der göttlichen Liebe", denen er sinnverwirrend viel Welt- lichkeit in die asketischen Klostermauern brachte.— Schließlichkam .Minister Burian, mit dem ich aber diesmal nur eine flüchtige Aus- sprache hatte, bei der mein zukünftiger Kollege höchst zugeknöpft blieb. Nennen wir's diplomatisch! — Zur selben Zeit war auch Dr. Renner, der nachmalige Staatskanzler in der Republik Öster- reich, in Sarajewo anwesend. Schon damals galt er als Leuchte der sozialdemokratischen Partei und reiste zweifelsohne zu Propaganda- zwecken. Er suchte mich auf, was Gelegenheit zu einer anregenden Konversation gab. Keiner von uns beiden hätte es sich damals wohl träumen lassen, daß unsere Schicksale so eigenartig verlaufen würden. Im Juni traf Potiorek als Landeschef ein und wurde fast mit sou- veränen Ehren empfangen, wie es in jenem Lande Brauch, doch auch Notwendigkeit war. Nachdem ich das Offizierskorps vorgestellt und den neuen Landeschef begrüßt hatte, hielt dieser eine höchst gehalt- volle Ansprache, aus derman den Kanonendonner eines nahen Krieges dröhnen hörte. Die Tatsachen gaben ihm bald recht, doch damals kamen seine Äußerungen überraschend. Ich glaube kaum, daß die oberste Staats- und Heeresleitung davon vorher Kenntnis gehabt hatte. Potiorek, einer der begabtesten Männer, die ich kennen lernte, war von emsigem Fleiß und verzehrendem Ehrgeiz beseelt. Er be- saß ein umfassendes Wissen, das ihn die Ursachen und Zusammen- hänge der großen geschichtlichen Geschehnisse erkennen ließ. Von seiner Bedeutung und providentiellen Sendung durchdrungen, war er im Innern wohl stets vorbereitet, mit den schwierigsten Aufgaben betraut zu werden. Sein Unglück und Verhängnis war, daß man ihm von Jugend an immer Weihrauch gestreut und ihn zum Größen- wahn erzogen hatte. Überdies sonderte er sich von den Menschen ab, führte ein KJausnerleben und verlor hierdurch den realen Boden. Der allererste Beginn seiner Tätigkeit in Bosnien-Herzegowina war noch deren bester Teil. Da fand sein Hang zur Zurückgezogenheit eine Erklärung darin, daß er alles studieren und sich über alles in- formieren müsse. Nur diesen ersten Teil seiner Wirksamkeit nahm ich persönlich wahr. Wie es dann zum großen und doppelten Zu- sammenbruch — zum politischen und militärischen — kommen konnte, vermag ich nicht mit voller Sicherheit anzugeben. Jeden- falls verließ ihn auf dem Höhepunkt seines Lebens, am Gipfelpunkt der Winteroffensive gegen Serbien (1914), der Hauptfaktor, „das Glück", vollständig. 10 Auffenberg 145
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Title
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Subtitle
Eine Lebensschilderung
Author
Auffenberg von Komarów
Publisher
Drei Masken Verlag München
Location
München
Date
1921
Language
German
License
PD
Size
13.4 x 21.6 cm
Pages
536
Categories
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