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18 Einführung
getragen hatte. Aber auch Jozzis Bemühungen, sich als Cembalo-Virtuose zu präsentie-
ren, liefen dort ins Leere.106 Durch eine geschickte Planung vermochte Jozzi jedoch, trotz
¿nanzieller Verluste, wenigstens seine Mobilität sicherzustellen. Es gelang ihm zumin-
dest, in den Niederlanden Konzerte zu geben und bei einem Besuch in Bonn dem Kur-
fürsten von Köln, Clemens August, vorzusingen.107 Beides brachte ihm offenbar genug
ein, um zwischendurch sogar noch einmal nach London zurückzukehren. Erst brieÀiche
Verhandlungen mit Pietro Mingotti, in die er mit Unterstützung seines Freundes Franz
Pirker eintrat, führten ihn dann in ein neues Engagement nach Kopenhagen und später in
den Dienst des Herzogs von Württemberg.108
Während Giuseppe Jozzi eine Konzertreise unternahm, versuchte Marianne 1749, ihre
mit den Engagements bei Mingotti und den Vertragsbemühungen in Stuttgart verbunde-
nen Reisen von Hamburg gen Süden und wieder zurück durch Gastauftritte an kleineren
Höfen nutzbringend zu unterbrechen. Bereits im April dieses Jahres109 gab Franz ihr
Empfehlungen, wie sie von Hamburg über Hannover, Betheln, Einbeck, Nordheim und
Göttingen nach Kassel und von dort entweder über Fulda oder über Frankfurt reisen
könnte. Dabei stellte er die Kosten den zu erzielenden Vorteilen gegenüber: Frankfurt war
als Etappe teuer, dagegen residierte in Kassel eine Schwester der dänischen Königin, was
Grund genug war, dort vorzusingen: „verwerffe ja dieses project nicht“, fügte Franz hinzu,
„denn es kann dir die ganze Reise eintragen.“110 Aber auch der Reichtum des Fürstabts
der Reichsabtei Fulda wäre einen Aufenthalt wert gewesen. Als lohnende Ziele legte
Franz seiner Frau ferner die Residenzen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und
Schleswig-Holstein-Plön ans Herz. Bei letzterem verwies er auf einen Londoner Kolle-
gen, den Geiger Francesco Baroni, der in Plön im Dienst gewesen war und damit das
musikalische Interesse des Fürsten bezeugen konnte. Marianne schmiedete aber auch
eigene Pläne und wollte in Karlsruhe, der Residenz des Markgrafen von Baden-Durlach,
und in Darmstadt beim dortigen Landgrafen vorstellig werden, beides auf Anraten ihres
Mannes,111 der besseren Wirkung oder Schicklichkeit wegen in Begleitung ihres Stief-
vaters. Dass solche Reisestrategien auch von Kolleginnen eingesetzt wurden, kann man
einem Schreiben Franz Pirkers vom 15. April 1749 (129) entnehmen: „Daß die Turcotti
die Höffe abbrennen will, ist mir nicht gar zu lieb, denn wir woll>en@ es auch thun, wenn
Gott will.“
106 Brief vom 4. Januar 1749 (91).
107 Brief vom 14. September 1748 (18).
108 Wichtiger Bestandteil der Vertragsverhandlungen war auch hier, die richtige Balance zwischen
Höhe der Gage, Reisekosten und täglichem Auskommen zu ¿nden.
109 Brief vom 4. April 1749 (125).
110 Ebd.
111 Brief vom 17. Juni 1749 (167).
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Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Volume 1 & 2
- Title
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Subtitle
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Volume
- 1 & 2
- Editor
- Daniel Brandenburg
- Publisher
- Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 1048
- Category
- Kunst und Kultur