Page - 41 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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klärungsarbeit, die die Einrichtung etwa durch die Bereitstellung von Broschüren
und Zeitschriften sowie durch die Veranstaltung von „Gesellschaftsreisen“ leistete.
Eine Quantifizierung der frühen Palästina-Wanderung österreichischer Jüdin-
nen und Juden ist aufgrund der Quellenlage nicht möglich. Genauere Aufzeichnun-
gen zur österreichischen Alijah wurden erst nach dem Ersten Weltkrieg gemacht
–
Statistiken zur Aus- bzw. Einwanderung liegen sowohl vom Palästina-Amt Wien,
als auch vom Wanderungsamt des österreichischen Bundeskanzleramtes, von der
„Jewish Agency for Palestine“ und der britischen Mandatsverwaltung vor und
beginnen zumeist mit dem Jahr 1920, also zur Zeit der Dritten Alijah.
Wie die vorangehenden Ausführungen verdeutlichen, markiert das Jahr 1882 den
Beginn der modernen Palästina-Wanderung, im Zuge derer zehntausende, über-
wiegend osteuropäische Jüdinnen und Juden ins Land kamen. Das Streben nach
Emanzipation, Angleichung und Akzeptanz war in der Diaspora den meisten Fällen
erfolglos geblieben und hatte den Typus des entwurzelten Juden geschaffen, der
darauf häufig mit der Hinwendung zur nationaljüdischen und/oder zionistischen
Bewegung reagierte. Die frühe Auswanderung nach Palästina erfolgte keineswegs
ausschließlich vor dem Hintergrund der jüdischen Erneuerungsbewegung oder
wurde allein von zionistischen Idealen angetrieben, sondern resultierte vielfach
aus Notsituationen, die den Verbleib in der Heimat unmöglich machten.
In jedem Fall blieb die Anzahl zionistischer und nichtzionistischer Immigran-
tinnen und Immigranten nach Palästina vor dem Ersten Weltkrieg, obgleich die
Erste Alijah und ihre Nachfolger als Masseneinwanderungen beschrieben werden,
im Gesamtblick marginal. Diese Einschätzung belegen folgende Bevölkerungsan-
gaben für Palästina aus dem Jahr 1914: 83 Prozent Muslime standen ca. 11 Prozent
Christen und nur 5 Prozent Juden gegenüber.92 Nach Gudrun Krämer kann auch
kaum von einer wirklichen Zäsur gesprochen werden, da jüdische Einwanderinnen
und Einwanderer bis zu den 1920er Jahren weder in Wirtschaft und Politik, noch in
Gesellschaft und Kultur erhebliche Veränderungen bewirkten (Jerusalem als Zen-
trum des jüdischen Lebens nahm hier eine Sonderrolle ein).93 Einen quantitativ
dramatischen Anstieg der jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer verzeichnete
Palästina erst ab Mitte der 1920er Jahre, die Voraussetzungen dafür waren mit der
bedeutenden Balfour-Deklaration geschaffen worden, deren Wortlaut vom Man-
datsdokument des Völkerbundes übernommen wurde.
92 Krämer, Geschichte Palästinas, S. 165. In diesem Jahr wurde für Palästina eine Gesamtbevölkerung
von 722.000 Personen verzeichnet.
93 Ebda., S. 122.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Title
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Subtitle
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Author
- Victoria Kumar
- Publisher
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Size
- 15.6 x 23.4 cm
- Pages
- 216
- Keywords
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Categories
- Geschichte Nach 1918