Page - 53 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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ment Company“ ihre Arbeit aufnahm.120 Im Mittelpunkt der „praktischen“ Arbeit,
die Ruppin im Gegensatz zum Programm der „politischen“ Zionisten propagierte,
stand nach seiner Auffassung „die Stärkung des jüdischen Elements in Palästina“,
die sowohl quantitativ, durch die Einwanderung zahlreicher Jüdinnen und Juden,
als auch qualitativ, durch „die ökonomische, kulturelle, nationale und politische
Befestigung“ Palästinas erfolgen sollte. Insbesondere für die Erreichung der quan-
titativen Stärkung, also für die Vorbereitung und Realisierung der Alijah, sollten
in mehreren Städten Zweigstellen des Palästina-Amtes errichtet werden. Die im
November 1918 entstandene Wiener Niederlassung war die erste ihrer Art und
wirkte beispielgebend für weitere, in der Zwischenkriegszeit gegründete Büros vor
allem in Mitteleuropa.
Gründung und erste Jahre
Die maßgeblich von drei „altgedienten Wiener Zionisten“ – Adolf Böhm121, Emil
Stein und Egon Zweig – initiierte Gründung des Wiener Palästina-Amtes122 hatte
mit dem bis Kriegsbeginn existierenden „Palästina-Informationsbüro für jüdische
120 Zu ihren Aufgaben zählten u. a.: Erwerb, Erschließung und Parzellierung von Grundstücken, An-
lage und Pflege landwirtschaftlicher Kulturen, systematische Ausbildung und Sesshaftmachung
jüdischer Landarbeiter u.Ä. Vgl. Gaisbauer, Davidstern, S. 244.
121 Gemeinsam mit Eugen Hoeflich, Robert Weltsch und anderen Zionisten gründete Adolf Böhm im
selben Jahr die Wiener Gruppe der „Olej Zion“, ein „Zusammenschluss einiger jüdischer Leute,
die willens sind, nach Palästina zu gehen, und ihr ganzes geistiges und körperliches Vermögen
für ein Palästina einzusetzen, das auf der Grundlage der sozialen Gerechtigkeit aufgebaut ist.“
Der Journalist und Literat Eugen Hoeflich (später Mosche Ya’akov Ben-Gavriêl) nahm mit seiner
Version des Kulturzionismus, dem „Panasiatismus“, innerhalb der zionistischen Bewegung eine
Außenseiterrolle ein. Nach seinen Vorstellungen sollte das jüdische Palästina auf dem Prinzip der
sozialen Gerechtigkeit fußen und eine friedliche Kooperation mit den Arabern erreicht werden.
Während des Ersten Weltkrieges hatte er als k.u.k. Soldat in Palästina gedient, eingewandert ist er
1927. Vgl. Eugen Hoeflich, Tagebücher 1915–1927. Hg. v. Armin A. Wallas, Wien-Köln-Weimar
1999, S. 569–597, Zitat S. 42.
122 Auskunft über die Entstehung des Palästina-Amtes („Misras Erez Israeli“) Wien gibt in erster Li-
nie ein 1936 von selbiger Einrichtung herausgegebenes „Neues Palästina-Informationsbuch“, das
als Orientierungshilfe für künftige Palästina-Emigrantinnen und -Emigranten und Interessierte
dienen sollte, über wesentliche mit der Einwanderung verbundene Fragen informiert, aber auch
die Geschichte der österreichischen Zweigstelle skizziert. Palästina-Amt Wien (Hg.), Neues Paläs-
tina-Informationsbuch, Wien 1936. Siehe außerdem: Victoria Kumar, Das Palästina-Amt Wien.
In: transversal. Zeitschrift für Jüdische Studien (14. Jahrgang 2/2013) S. 125–144; Palästina-Amt
Wien an Joshua Gordon, Alijah-Inspektor der Zionistischen Exekutive, 11. 1. 1924. CZA, A 106/15.
Im Folgenden zitiert als: Bericht des Palästina-Amts. Siehe außerdem: Gabriele Anderl/Angelika
Jensen, Zionistische Auswanderung nach Palästina vor 1938. In: Traude Horvath/Gerda Ney-
er (Hg.), Auswanderungen aus Österreich. Von der Mitte des 19.
Jahrhunderts bis zur Gegenwart,
Wien 1996, S. 199–204; Gabriele Anderl, Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung
aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit. In: Frank Stern/Barbara Eichinger (Hg.),
Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938. Akkulturation
– Antisemitismus
– Zionismus, Wien-
Köln-Weimar 2009, S. 72–78.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Title
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Subtitle
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Author
- Victoria Kumar
- Publisher
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Size
- 15.6 x 23.4 cm
- Pages
- 216
- Keywords
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Categories
- Geschichte Nach 1918