Page - 57 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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Warentransportes nach und von Palästina regte das Palästina-Amt die Gründung
der „Maawirim Jüdisch-Palästinensischen Reise- und Transportgesellschaft m. b.
H.“ an, die 1919 an ihrem Hauptsitz in Wien ihre Geschäfte aufnahm und in der
Folge Filialen in den wichtigsten Ausgangsländern und -häfen errichtete.137 Eben-
falls auf Betreiben des Amtes entstand die „Palästina-Handelsgesellschaft“, die sich
in erster Linie um die Einfuhr von dringend für den Aufbau des Landes benötigten
Waren kümmerte, jedoch – ähnlich wie mehrere andere zu dieser Zeit im Umfeld
des Palästina-Amts entstandenen Vereine und Organisationen – nur wenige Jahre
existierte.138
Die intensivierten Beziehungen zur britischen Gesandtschaft in Wien sowie
zu Repräsentanten der Mandatsverwaltung führten 1920 zur Zusicherung des
damaligen British High Commissioner Lindley, dass in Angelegenheiten der jüdi-
schen Auswanderung nur mit dem Palästina-Amt verkehrt werden würde, sowie
zur Errichtung einer Passstelle unter der Leitung eines „British Passport Control
Officers“, mit welchem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Palästina-Amtes
eng zusammenarbeiteten und der in vielen Fällen zugunsten des Amtes interve-
nierte. So befürwortete der zuständige Beamte beispielsweise die von den Briten
bereits gestattete Einräumung des Rückkehrrechts für durch den Krieg aus Palästina
vertriebene Jüdinnen und Juden.139 Der erste vom Palästina-Amt organisierte Trans-
port umfasste 90 Rückwanderer und ging am 19. August 1919 über Triest ab. Der
Versuch der Zionisten, die prinzipielle Anerkennung der Palästina-Emigrantinnen
und -Emigranten als „Heimkehrer“ durchzusetzen, blieb hingegen erfolglos.
Da die damalige Militäradministration zunächst überhaupt jegliche Neueinwan-
derung nach Palästina verboten hatte, beschränkte sich die tatsächliche Vorberei-
tung der Emigration vorläufig auf die Registrierung der Auswanderungsinteressen-
tinnen und -interessenten. Die an die Bewerberinnen und Bewerber ausgegebenen
Fragebögen holten personenbezogene Informationen, Details zur beruflichen und
sprachlichen Qualifikation und zum Vermögen ein und enthielten den Vermerk,
„dass das Palästina-Amt durch Einbehalten [des Dokuments] noch keine Verpflich-
tung dafür übernimmt, dass […] die Emigration nach Palästina und die Ansiedlung
dortselbst ermöglicht wird.“140 Der Stand der Anmeldungen, eine Beschreibung
der Kandidatinnen und Kandidaten und deren voraussichtliches Emigrationsda-
tum wurden allwöchentlich an die zionistischen Büros in Palästina und London
sowie an das Emigrationsbüro in Triest weitergeleitet. Zu Beginn des Jahres 1919
137 Finanzielle Schwierigkeiten führten nach wenigen Jahren zur Übernahme der Gesellschaft durch
nichtzionistische Investoren, wodurch die Firma für die Palästina-Wanderung an Bedeutung verlor.
138 Palästina-Informationsbuch, S. 17 f.
139 In einem Schreiben vom 27. Jänner 1920 an das Palästina-Amt sprach sich der British Passport
Control Officer A. J. Sington wie folgt aus: „In view of the extremely difficult position of Jews in
Vienna, I have already advocated: 1. That all genuine Palestinians recommended by you should be
allowed to return to Palestine as soon as possible except in as far as local conditions may restrict
them. 2. That a genuine Palestinian Jew, certified as such by you, should be allowed to return to
Palestine whatever sort of a passport he may be in possession of. 3. That Jews certified by you as
Palestinians and who have no passports, should be allowed to proceed on one general pass, available
only for the single journey to Palestine.“ CZA, Z4/40367, S. 66.
140 CZA, A106/15.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Title
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Subtitle
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Author
- Victoria Kumar
- Publisher
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Size
- 15.6 x 23.4 cm
- Pages
- 216
- Keywords
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Categories
- Geschichte Nach 1918