Page - 139 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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Flucht nach Palästina
Voraussetzungen, Organisation und Durchführung
Während die Israelitische Kultusgemeinde Wien in erzwungener Zusammenar-
beit mit der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ die Emigration der jüdi-
schen Bevölkerung Österreichs in alle Länder außer Palästina organisierte, waren
das Palästina-Amt und seine angegliederten Verbände für die Vorbereitung und
Durchführung der Auswanderung nach Palästina zuständig. Basierend auf dem
von Alois Rothenberg ausgearbeiteten Entwurf wurden dem reorganisierten, von
Eduard Pachtmann geleiteten „Zionistischen Landesverband“ folgende Organisa-
tionen angeschlossen, die im Oktober 1938 insgesamt rund 16.800 Mitglieder zähl-
ten (in Klammer soweit vorhanden die jeweilige Mitgliederzahl): die zionistische
Frauenorganisation „WIZO“388 mitsamt ihrer Jugendgruppe (ca. 1.700), der Sport-
verband „Makkabi“ (2.000), der „Misrachi“-Verband, der „Zionistische Jugendver-
band“ (4.000), sowie der KKL und der KH (zusammen 10.000). Dem Palästina-Amt
gehörten in der Folge der von Willy Ritter geführte „Hechaluz“ (4.000) und zwei
weitere chaluzische Vereinigungen, der religiöse Verband „Agudat Israel“, der „Ver-
band jüdischer Kriegsopfer“ und später auch die Jugend-Alijah an.389
Nachdem das Personal des Palästina-Amtes in den Jahren zuvor sukzessive ver-
mindert worden war, machte der große Andrang von Jüdinnen und Juden, die nach
dem März 1938 eine Auswanderung nach Palästina anstrebten, eine Vergrößerung
erforderlich. Auch die IKG stellte zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
ein, aufgrund der Berufsverbote waren die Posten sehr begehrt. Laut einer Auf-
stellung, die vermutlich aus dem Jahr 1939 stammt, waren nach der Wiedereröff-
nung 26 Angestellte für das Palästina-Amt und weitere sieben Personen für die
Palästina-Amts-Kommission tätig. Für den KH arbeiteten insgesamt zehn Perso-
nen, für den KKL sechs und für die „Beratungsstelle der Jugend-Alijah“ sogar 27
Personen. Der „Jüdische Kulturbund“ und das „Jüdische Nachrichtenblatt“ (siehe
unten) beschäftigten zusammen 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.390 Auch wenn
die Einrichtungen allein aufgrund ihrer Funktion als Emigrationsstellen existieren
durften, versuchten die Nationalsozialisten das Personal kontinuierlich abzubauen
und ebenfalls zum Verlassen des Landes zu bewegen. In einigen Fällen konnte die
Kündigung von Angestellten durch Intervenieren des Palästina-Amtes verhindert
oder verschoben werden. Später vermochte die Leitung einige Male bei bevorste-
388 Die „Women’s International Zionist Organisation“ wurde 1920 in Großbritannien gegründet. In
der Folge entstanden in fast allen europäischen Ländern Niederlassungen (in Österreich 1921), die
sich vorrangig sozialen und pädagogischen Bedürfnissen jüdischer Frauen annahmen und diese
bei der Vorbereitung und Durchführung der Alijah unterstützten.
389 Rosenkranz, Verfolgung, S. 74f u. 115; Anderl, Emigration, S. 202; Budischowsky, Jüdisch-politische
Organisationen, S. 438.
390 Archiv der IKG Wien/Bestand Jerusalem/A/W 2698.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Title
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Subtitle
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Author
- Victoria Kumar
- Publisher
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Size
- 15.6 x 23.4 cm
- Pages
- 216
- Keywords
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Categories
- Geschichte Nach 1918