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Carl -Ferdinand s-Univ er sitar.
gen Iudenstadt/ aber sein Nachfolger, Konig Wenzel, welcher für
die Universität nicht minder Vorliebe hegte, und nicht allein alle Vorrech-
te der Akademiker bestätigte, sondern ihnen neue Freyheiten zugestand,
und ihre Einkünfte vermehrte, liesi das gegenwärtige Universitätsgebäu-
de zur Aufnahme der Studirenden erbauen, und nannte es nach sei-
nem Vater Kollegium (^aroünum; doch leider erhob sich unter die-
sem Fürsten die Flamme der Zwietracht unter den Gliedern der Universi-
tät, zwischen den Fremden und Einheimischen, welche letztere das Über-
gewicht der Stimmenkraft jener nicht dulden wollten, und verlangten,
man sollte sich nach dem Stiftungsinstrumente halten, wie auf den
Universitäten zu. Par is und Bo logna , wo die Franzosen und Ita-
liener auch das Übergewicht über die Ausländer behaupteten. Schon bald
nach dem Tode Carl's IV . , doch ohne eigentlichen Erfolg, und erst
später, als Wenzel die einheimischen Lehrer, unter ihnen Johann
H usi, seinen politischen Ansichten gehorsamer als die Ausländer fand,
erklärte er, es sey unbillig und unschicklich, daß Fremdlinge, die sich
auf kein Recht als auf den bisherigen Gebrauch stützen könnten, größere
Vortheile genießen sollten, als die Landeskinder, und, den streitigen
Punct gewaltsam lösend, ließ er jenen nur eine Stimme, und gab die-
sen drey. Die ausländischen Lehrer verließen nun ihre Lehrkanzeln und das
Königreich. 16,000 Studirende folgten ihnen binnen kurzer Zeit, und
bald war Prag von den meisten ausländischen Schülern verlassen,
welche sich nach den neuerrichteten Hochschulen in Sachsen, Bayern und
Polen wandten. König Wlad is law fand 1^72 für gut, Wenzel's
Entscheidung zu bestätigen, woraus sich abnehmen läßt, daß Ausländer
doch wieder dahin zurückgekehrt seyn müssen. So schnell die Universität
zu Prag sich zu einer bedeutenden Blüthe erhoben, eben so schnell
schien sie nun dem Falle entgegenzueilen, und in den verhängnißvollen
Tagen der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Schulen sogar
auf einige Zeit geschlossen, dann aber katholische und utraquistische Leh-
rer bey der Hochschule angestellt, die nie zu einer wahren Einigkeit ge-
langten, bis Ferdinand I. der Carolinischen Universität, welche da-
mahls ganz mit utraquistischen Lehrern besetzt war, eine zweyte unter
der Leitung der Jesuiten entgegenstellte. Beyde Universitäten bildeten
einen Wettstreit in theologisch-polemischen Verhandlungen, die ihren
wahren Zweck keineswegs förderten, und die Einkünfte beyder, zumahl
der Carolinischen, geriethen in großen Verfall, bis Kaiser Rudolph
sich bemühte, den Zank der Hochschulen beyzulegen, durch Anweisung
neuer Fonds den Unterhalt der Lehrer sicherte, und Gelehrten und Kunst«
lern des In- und Auslandes ohne Rücksicht auf Stand und Glauben an-
sehnliche Gnadengehalte und Ehrenstellen verlieh. Er war es, der Ty-
chode Brahe nach Prag berief, und ihm eine eigene Sternwarte zu
seinen Beobachtungen über Natur und Bahn der Himmelskörper er-
bauen ließ, wichtige Handschriften, antike Bildsäulen, Gemälde, Na-
turalien wurden gesammelt; um die Studien zu erleichtern, ein bota-
nischer Garten an der Burg angelegt, und Kunst und Wissenschaft jeder
Art und Gestalt fand einen vaterländischen Beschützer an dem Monar-
chen. Doch unter seinen Nachfolgern entzündeten sich neue Kriegsstürme,
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie