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Chotek v. Chotkowa u. wognin, Graf I-R- 541
durch sein volles Vertrauen aus/ indem er ihm die Leitung der neu er-
richteten, für alle österr. Lander vereinten Finanz-Hofstelle übertrug.
Graf Ch. entsprach auch in seinem neuen ehrenvollen Wirkungskreise als
Finanzminister den Erwartungen seines Monarchen. Die tiefe Einsicht,
welche er im gesammten Finanz- und Creditwesen erprobte, der rasche
Oang, den die Geschäfte unter seiner Leitung nahmen, die Klarheit in
allen Einrichtungen, die er traf, das verstandige Ineinandergreifen der
verschiedenen Geschäftszweige, die strenge Gerechtigkeit, die alle seine
Entscheidungen auszeichnete, verschafften der neuen Stelle in kurzer Zeit
einen hohen Ruf, ihrem Vorgesetzten hingegen die Liebe und Vereh-
rung aller ihm untergebenen Staatsbeamten und die volle Zufriedenheit
des Kaisers. Als aber 1793 wegen Vereinfachung der Oeschaftslei-
tung, wie unter Joseph I I . , die Finanz-Hofstelle mit der Hofkanz-
ley unter dem Präsidium des Obersten Kanzlers mit dem Titel eines Di-
rectorial-Ministers wieder vereiniget wurde, benutzte Graf Ch. die
ihm gegönnte Musie, um sich der Erziehung seiner hoffnungsvollen
Söhne zu weihen, die er nach ihren Neigungen und Anlagen für ver-
schiedene Ämter im Staate zu bilden bemüht war, und den Wohlstand
seiner Unterthanen durch Eröffnung neuer Erwerbszwelge zu befördern,
zugleich aber in der Pflege der Künste und Wissenschaften sich zu erhei-
tern. In dankbarer Erinnerung an den Fürsten, der ihn durch sein
Wohlwollen allsgezeichnet, und ehrend die Verdienste der Feldherren um
das Vaterland, errichtete Graf Ch. auf einem seiner Güter, dem ro-^
mantischen Weldrus, nicht fern vorder Stelle, wo Lo u don zn <Ver-.
folgung des Prinzen Heinrich von Preußen über die Moldau gesetzt
hatte, ein Denkmahl, das Joseph 11.^ und den Verdiensten dev bey-
den Feldherren Lacy und Loudon um Böhmens Vertheidigung 1773
geweiht war. Für die Wohlfahrt des Vaterlandes stets besorgt, richte-
te Graf Ch. seinen Blick unverrückt auf den.Gang der großen Ereignisse.
Als ein feindliches Heer 1796 Böhmen mit emem Einfalle bedrohte,
trat er sogleich aus seiner Zurückgezogenheit. hervor, und both sich zu je-
der Dienstleistung an, in der er wcchre.nd dieses gefahrvollen Zeitpunc-
tes dem Vaterlande nur immer zu nützen vermöge. Die Giege bey Am«
berg und Würzburg entfernten zwM'schnell das feindliche Heer von
den Gränzen Böhmens; aber der patriotische Sinn Ch.'s, so wie dessen
frühere Verdienste um den Staat, blieben dem jetzigen Monarchen stets
gegenwärtig, und eine Würdigung derselben erfolgte 1802 durch seine
Ernennung zum Staatsminister und Oberstburggrafen von Böhmen,
eine Würde, die seinen Einsichten ein weites Feld. zum wohlthätigen
Wirken darboth. Der Bau neuer Kunststraßen, die Errichtung mehrerer
Fabriken und Manufacturen, die Erhebung und Verbesserung der schon
bestehenden durch Einführung engl. Weberstühle und Spinnmaschinen,
die Verbreitung der Obst-Cultur, die bisher nur in dem Saazer und
Leitmeritzer Kreise mit Erfolg betrieben wurde, auch in andern Kreisen
durch das ermunternde Beyspiel, welches er auf seinen eigenen Gütern
gab, der neue kräftige Schwung, den der böhm. Handel.erhielt, beur-
kunden nebst vielen andern wichtigen Vorschlägen, die jedoch wegen un-
günstiger Zeitverhältnisse unausgeführt geblieben sind/ Ch.'s weise.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie