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88 Kugen, Prinz von Savoyen.
tigen suchten, und ihm besonders, trotz des errungenen grosien Sieges,
die Nichtachtung des empfangenen kaiserl. Befehls vor der Schlacht bey
Zenthazum Vorwurf machten, vorzüglich geschäftig zeigte sich Graf
Caprara, den Kaiser darauf aufmerksam zu machen. E. wurde bey
Hofe kalt empfangen, ihm der Degen abgenommen und man war schon
im Begriff, ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen, als Kaiser Leopold,
in Anerkennung der großen Verdienste des Prinzen, fürdessen Befreyung
sich auch die Bürger Wien's auf das thätigste verwendeten, diesen Be-
fehl widerrief, und ihm das Commando mit uneingeschränkter Vollmacht
zurückgab. Nach einem minder thatenvollen Feldzuge in Ungarn folgte
1699 der Friede zu Carlowitz, in welchem von Seite Österreichs
Siebenbürgen und Slavonien erworben wurden, und sich die anfangen-
de Schwäche der Türken zuerst zeigte. Nach seiner abermahligen Zurück-
kunft nach Wien wurde der berühmte Held mit Jubel und Auszeichnung
empfangen, und lebte einige Zeit in seinem schonen Palais in derHim-
-melpfortgasse, dem jetzigen kaiserl. Hofkammerpalast, worin sich das
Münzamt befindet (dsss Belvedere war zur Sommerwohnung bestimmt),
der Ruhe und den Wissenschaften, und bereicherte seine mannigfachen
Sammlungen auf das ansehnlichste. Bald rief jedoch der nach dem Tode
Carl's I I . von Spanien ausgebrochene Erbfolgekrieg den Prinzen zu
neuen Thaten. 170 l drang er mit 30,000 Mann durch die Schluchten
von Tyrol, bahnte sich unter den rastlosesten Anstrengungen die unweg-
samsten Gebirge (so wurde z. B. der Montebello durch Sprengung e,ines
Felsens zugänglich gemacht), und erschien in der Ebene von Varna
zu Catinat's großer Überraschung, welcher bey Carpi geschlagen/
sich hinter den Mincio und dann hinter den Oglio zurückzog. Nachdem
Catinat abberufen, unddurch den Herzog vonVillero i ersetztwar,
schlug E. auch diesen den I I . Sept. 1701 und brachte ihm empfindlichen
Verlust bey. Denn 2. Febr. 1702 führte E. den ewig denkwürdigen Über-
fall von Cremona aus, wobey er sowohl den französ. Heerführer Vi l-
ler oi, als auch mehrere andere Generäle und Officiere gefangen hinweg-
führte; ein Fall, der gewiß einzig in seiner Art ist. Jetzt betrat der berühm-
te Vendome den Kriegsschauplatz, welcher, mit mehr Geist und Um-
sicht, als seine Vorgänger, und obendrein von einem Corps Spanier ver-
stärkt, seine Überlegenheit mit Geschick geltend machte. Den 15. Aug.
1702 kam es bey Luzzara zur Schlacht, in welcher der Sieg unentschie-
den blieb. Zu Ende dieses Feldzugs trat auch der Herzog von Savoyen
nach dreyjähriger Allianz mit Frankreich, durch E. vermocht, wie-
der auf die kaiserl. Seite. Ende 1703 wurde E. nach Wien berufen,
und vom Kaiser zum Präsidenten des Hofkriegsraths ernannt. Auch hier
bewiesen sich die ausgezeichneten Eigenschaften dieses berühmten Mannes
auf die fruchtbringendste Weise, es trat von diesem Augenblick eine neue
Epoche des Militärwesens ein; von jetzt an wurden die Truppen richti-
ger besoldet, besser gekleidet, gleichförmiger bewaffnet, und im Ganzen
ein regelmäßigeres System eingeführt, dessen wohlthätige Folgen noch
bis in unsere Zeit reichen. Das französisch-bayrische Heer war indessen
in Deutschland siegreich gewesen, doch kaum war E. 1704 bey der Ar-
mee erschiene«/ und hatte die Vereinigung mit der englischen Armee un-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Volume 2
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe E-H
- Volume
- 2
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 696
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie