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einem eigenen Commissar der k. k. Polizey ° Oberdirection, wo man
deren Inhaber nöthigenfalls belangen kann. Zu diesem Zwecke, der nicht
selten eintritt / ist es räthlich, beym Einsteigen die Nummer des Wa.
gens in das Gedächtniß aufzunehmen. Aus dem eben Angeführten leuch,
tet hervor, daß auch der Wiener F:, trotz seinen vielen unbestreitbaren
guten Eigenschaften, seine Schattenseiten habe. Vor allem ist, da die
Wiener F. im Allgemeinen keiner Taxe unterworfen sind, deren Theu-
rung zu erwähnen, vorzüglich wenn der Accordirende nicht mit dem
Geiste des Dingens und Marktens begabt ist; denn sie lassen wohl, sind
ihnen die Umstände nicht gar zu günstig, mit sich sprechen. Da übrigens
auch der Preis theils durch die Leichtigkeit und Eleganz ihrer Wagen
aufgewogen wird, theils jedem bemittelten Fahrlustigen sich auch wohl»
feilere Gelegenheiten/ so z.B. die sogenannten Gesellscha.ftswagen, oder
endlich die Steyrer- oder sogenannten Zeiselwagen darbiethen, so bleibt
nur noch die wirklich äußerst lästige Zudringlichkeit dieser Phaetone, wel«
che, nach verschiedenen Impulsen, wohl auch nicht selten in Unverschämt-
heit ausartet, zu rügen. Freylich wird jede gerechte Klage gegen die F.
bey der betreffenden Polizeybehörde sogleich berücksichtigt und jeder Unfug
mit Strenge geahndet, demungeachtet aber kann sich Jedermann noch
täglich und stündlich von den unangenehmsten Beweisen des grellen Übermu,
thes, ja in gewissen Fällen der ausgedachtesten Bosheit dieserKutscher persön-
lich überzeugen. Letztere findet besoi'ders Statt, wenn die bedungene
Frist etwa um eine Kleinigkeit Übertritten wird, d.h. der F. etwaj
länger warten muß und seinen Zeitverlust durch das gegebene Trinkgeld,
welches nors d'oeuvre bey größeren Fahrten nie erlassen wird, nicht hin-
länglich entschädigt glaubt; in diesem Falle geschieht es wohl auch, daß
er den Gefahrnen vor allen Umstehenden laut haranguirt, und selbst
festhält, um ihn zu' einem höhern Trinkgeld zu bewegen, ja nicht sel»
ten -sucht er denselben durch beißende Spottreden zu thätlicher Be»
Handlung zu reizen, die chn dann klagfrey stellt.'Daß es Ausnah-
men und zwar viele gebe, besonders unter den Eigenthümern dieser Fuhr«
anstalten, welche man auch Herren, und ihre Kutscher Knechte nennt,
ist unbestreitbar, allein allezeit betrübt, wenn das Gute nur auf Aui»
nahmen beruht. Seit einigen Jahren gibt es in Wien auch F.-Vereine,
w'elche um bestimmten Preis in nahe Orter z. B. Hietzing, Döb«
l ing, zum Tivo l i fahren. Auch haben sich hier erst neuerlich F.'
Oesellschaftswagen etablirt, die wo möglich noch wohlfeiler fahren, als
die gewöhnlichen Gesellschaftswagen. Die Bespannung der Wiener-F.
benehtaus kleinen/ schnellfüßigen, trefflich dressirten Rösilein, welchezum
Theil ausrangirte Husarenpferde sind. — Den Wiener F.n am nächsten kom-
men die Pesther, Prager und Brünner, weniger die Grätzer. Die
Wiener F. haben übrigens noch manches Eigenthümliche, das erwähnt
zu werden verdient. Sie sind vielleicht die geschicktesten und kühnste»
Kutscher in der Welt. Sie sind voll schlagfertigen Humors, voll echten
Mutterwitzes, voll wahrhaft origineller Ideen; Alles an ihnen ist Im«
prompt». Sie sind aber hinwieder auch die Rohheit selbst, besonders in
der Behandlung ihrer armen Pferde, ohne zu bedenken, daß sie von die«
sen Thieren eigentlich leben. Noch auffallender aber ist die Frechheit des
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Volume 2
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe E-H
- Volume
- 2
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 696
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie