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2 6 I d i o t i s m e n u n d I d i o t i k a .
gen zu machen, so außerordentlich schwer auch diese Aufgabe für einen
Auslander, wenn auch deutscherZunge ist.—Im Lande ob der Enns,
obwohl jener in Unterösterreich verwandt, har die Mundart ebenfalls ihr
Eigenthümliches und nach einzelnen Gegenden eben so viele Abwei-
chungen wie diese, an der unterösterr. Gränze ist sie am verständlichsten
und reinsten, an der bayerischen am rauhesten und an der böhmischen der
singenden Mundart der Deutschböhmen verwandt, im Attergau und bey
Mondsee im Salzburg'schen, besonders im Tauerngebirge herrscht der
salzburgische Dialect, welcher mehr roh, kreischend und singend ist, mit
manchen im tiefern Lande unbekannten Idiotismen. —InS teye rmark
herrscht im Allgemeinen eine weinerlich singende Sprache, die nur durch
Gewohnheit ertraglich wird. In Kärnthen und Kra in ist das Idiom
der Deutschen ein leicht verständlicher Dialect der oberdeutschen Mund-
art, ohne besonders auffallende Auszeichnung, als ebenfalls einen etwas
singenden Ton, der Dialect der sogenannten Gotische er hat viele
Idiotismen, welche den übrigen Deutschen kaum verständlich sind. — In
Tyro l sprechen die Deutschen einen ganz eigenen, breiten, bequemen und
gemüthlichen Dialect, der nach verschiedenen Districten verschieden ist.
Der Dialect des Brsgenzerwaldes enthält noch einen reichen Schatz
altdeutscher Worte, Ausdrücke und Redensarten, und manche Gegen-
den bewahren selbst noch Überbleibsel der alten rhätischen Sprache. — I n
Böh men an den Gränzgegenden wird ebenfalls deutsch mit mehreren
Varietäten gesprochen und die Idiome nähern sich natürlich jenen des an-
granzenden Landes. — Die deutschen Einwohner Mährens und Schle-
siens sprechen 4Hauptdialecte, worunter sich vorzüglich die Kuhländler
auszeichnen, wovon unten ein Mehreres. — Die Sprache der Sacksen in
Siebenbürgen ist ein verdorbenes Deutsch, welches mit dem Plattdeut-
schen sowohl, als mir dem Jüdisch-Deutschen einige Ähnlichkeit hat, doch
unterscheidet man 7 bis 8 Dialecte darunter. —> Die eigentliche Volks-
poesie, obschon sie keiner der verschiedenen Mundarten fehlt, erscheint doch
in Osterreich am meisten ausgebildet und am allgemeinsten bekannt. Durch
die Bemühungen wackerer Schriftsteller und Dichter im osterr. Volkstöne,
sind unsere Gsangln, Gsetzln, Gstanzln, auch wohl die steyeri-
schen Schnadahüpfe ln, so wie die körnige Prosa unseres Eipel-
hauers (unter Richter und Geway) auch im Auslande nicht unvor-
theilhaft bekannt, obschon man sich hie und da die Sache durch die ver-
zwickteste Schreibart selbst beträchtlich erschwert hat. Vortrefflich ist die
Improvisationsgabe der osterr. sogenannnten „öiedeldichter" (saxonice
Bänkelsänger), auch wohl, ihres gewöhnlichen Begleitungsinstrumentes
wegen „Harfenisten" genannt. Im fröhlichen Kreise reihen sich bey ei-
nem solchen, ohne daß er vielleicht selbst weisi, wie, die Worte zusam-
men, wie sie eben die Gelegenheit und der Augenblick verlangen, bald
scherzend, bald sehnsüchtig, bald verliebt, am gewöhnlichsten aber saty-
vifch (stichelnd). Solch' ein Liedeldichter bringt oft in einem Athem 1l)
bis I I) , und mehrere Strophen zum Vorschein und sind seineWorte neu,
seine Anspielungen witzig, woran es auch selten fehlt, so erfreut er sich
nickt nur eines rauschenden Beyfalles, sondern die besonders gelungenen
Gsetzln gehen von Mund zu Mund und werden, obgleich der Verfasser
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie