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Joseph II., romisch, deutscher Raiser. 89
lichen Kunstschatze der Rudolvhinischen Kunst- und Schatzkammer für ge-
ringes Geld veräußert, jedoch glücklicher Weise ungetheilt von Ioh . Ferd.
Ritter vonS ch ö nfeld (s. d.) erstanden wurden und sich gegenwärtig im
Besitz desFreyh. v. Dietr ich (s. d.) befinden. — Die Klösteraufhe-
bungen und kirchlichen Veränderungen gingen indessen, trotz des Ein-
spruches einiger Individuen derhöcheren Geistlichkeit, ihren Schritt fort,
und nur die der Seelsorge, der Erziehung und der Krankenpflege ge-
widmeten Orden, so z. B. die Benedictiner, Plansten, Salesiane-
rinnen, englischen Fräulein, Urselinerinnen, Elisabethinerinnen und
barmherzigen Brüder wurden in ihrer schönen Wirksamkeit belassen.
Alle diese Veränderungen konnten in der Länge der römischen Curie un-
möglich gleichgültig bleiben. Pius V I . entschloß sich daher, selbst l'.ach
Wien zu reisen, um den Kaiser von weiteren Schritten abzuhaken.
Der gelehrte Nuntius zu W ien , Cardinal Garampi , verkündete
den Bischöfen, die er seines vorzüglichen Vertrauens werth hielt, be-
reits den 28. Dec. 1731 diesen, selbst dem Collegium der Cardinale
unerwarteten Schritt. Den 22. März 1732 kam der Papst, welchem
der Kaiser bis Neunkirchen entgegengefahren war, unrer dem un-
ermeßlichen Zudrange des Volks und mit den gebührenden Ehrenbezei-
gungen empfangen, in Wien an. Durch 4 Wochen wurde der hohe
Kirchenfürst als Gast in Wien mit allen Ehren gehalten, die ihm ge-
bührten, er verrichtete wahrend dieser Zeit öffentlich mehrere heil. Cere-
monien, und reiste den 22. April, ohne indessen seinen eigentlichen Zweck
erreicht zu haben, wieder über München, Augsburg, Inns-
bruck und Venedig nach Rom zurück. Bald darauf hob I. I I .
durch ein neues Criminalgesetzbuch die Todesstrafe auf, an deren Stelle
das Schiffziehen und das Anschmieden in ewigen Gefängnissen kam,
schwere Verbrechen, die der Todesstrafe nicht unterlagen, wurden mir
öffentlicher Gassenarbeit in Fesseln bestraft, wobey I. mit Begierde den
Gesichtspuncr erfaßte, daß kein Stand vor Strafe und Schande schül'e,
und die Gerechtigkeit für jeden dieselbe sey. Der Erfolg entsprach übri-
gens seiner Absicht nicht ganz, das Ehrgefühl ganzer Stande und Fa-
milien schien unter dieser Behandlung zu leiden. Noch größeres Auf-
sehen machte es, daß der Kaiser einige Mahle die von den Gerichtsbe-
hörden ausgesprochene Strafe verschärfte. Seine übrigen außerordentli-
chen Eigenschafren und die Menge seiner vortrefflichen Einrichtungen
milderten übrigens diesen unlaugbaren Ubelstand. Nur fand sich beson-
ders die ungarische Narion dadurch beleidigt, daß sich I. nicht, wie
alle seine Vorfahren, in ihrer Mitte krönen ließ, und die großen Vor-
rechte derselben nicht beschwören wollte, ja sogar die heilige Krone von
Preßburg in die Schatzkammer nach Wien bringen ließ, denn es
lag in seinem Plane, Ungarn, wie alle übrigen Theile der Monarchie,
durch Einführung der deutschen Sprache im Geschäftsstyl, Verfassung
und Sirte, zu germanisiren, und zugleich unbeschrankt zu regieren,
wobey er freylich die großen und sehr verschiedenen Privilegien der einzel-
nen Lander seiner Monarchie nicht genug berücksichtigte. Uberdieß hatten
die Ungarn noch zu sehr die wichtigen Dienste zur Zeit der Bedrängnis;
Mar ia Thereslens, so wie die Begünstigungen dieser Fürstin«,
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie