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Iustizstelle, k. k. oberste.
Wien wird, als zweyter Instanz, ^n den landesfürstliche deutsch-böh-
mische Lehen betreffenden Streitsachen der Rechtszug von der deutschen
Lehenshauvtmannschaft (bisher das böhm. Appellätionsgericht in Prag)
als erster Instanz ergriffen. Der O« I. müssen daher auch die im Zuge
der rechtlichen Verhandlung vorkommenden Fristgesuche zur Bewilligung
oder Abweisung gutachtlich vorgelegt werden. Ein weiterer Rechtszug
findet in diesen Angelegenheiren nicht Statt.— Ferner hat die O. I. die
oberste Aufsicht über die Appellarions- und sämmtlichen Untergerichte,
über Advocaren und Notare, über das Pupillar- und Curatelwesen zu
führen, und überhaupt für eine gründliche, unbefangene und rasche
Verwaltung des Iustizwesens Sorge zu tragen. Sie controllirt die Ap-
pellationsgerichts auf die nähmliche Art, wie diese die Aufsicht über die
Gerichtsbehörden erster Instanz führen, nähmlich durch Ausweise des
Geschaftsstandes und durch Visitationen, welche gewöhnlich durch einen
Hofrath als Hofcommissär vorgenommen werden. — Endlich kommt es
der O. I. zu, in allen auf Einführung, Abänderung, Modification oder
Auslegung der Gesetze, auf Regulirung und Organisation der Justiz,
behörden, und überhaupt auf Begründung der Iustizverfassung Bezug
nehmenden Gegenstanden ihreVorschläge, nach allenfalls vorläufiger Ver-
nehmung der Hofcommission in Iustizgesetzsachen (f. d.), an den Kaiser
zu erstatten, und die von dem Monarchen getroffenen Verfügungen in
Ausführung zu bringen. — Insofern politische oder finanzielle Fragen
interveniren, hat die O. I. mit den betreffenden Hofstellen das.Einver«
nehmen zu pflegen und so auch, wo es sich um die Besetzung von ge-
mischten höhern Dienstesstellen, nähmlich solchen, welche tbeils politisch,
theils gerichtlich sind, wie z. B. die Bezirkecommissare im Küstenlande,
die leitenden Pfleggerichtsbeamten im Salzburger und Innkreise, die
Landrichter in Tyrol und Vorarlberg, die Prätoren :c., handelt, die
Ernennung gemeinschaftlich mit der vereinigtenHofkanzley vorzunehmen.
Überhaupt ist der Einfluß der O. I. in allen Fallen, wo es sich auch nur
entfernt um ein in das Iustizfach einschlagendes Interesse handelt, um
so mehr wenn es in näherer Beziehung mit dem Iustizwesen steht, von
andern Hofbehörden in Anspruch zu nehmen. So werden auch zu den Be-
dienstungen des Hofkammer-Procurators, des Hofkammer- Vicevrocura-
tors, der Kammer-Procuratoren in den Provinzen, der Vorschlag von
der allgemeinen Hofkammer nach gepflogener Rücksprache mit der O. I.
und der vereinigten Hofkanzley an den Kaiser erstaltet; auf gleiche
Arr wird die Besetzung der Hofkammer-Procuraturs- und der Fiscal-
adjuncrenstellen von der Hofkammer vorgenommen. Sind die Hofbe-
horden nicht einig, so wird der Gegenstand durch Vortrag der Ent-
schließung des Kaisers unterzogen. Eben so verhält es sich mit andern
Dienstplätzen gemischter Natur, wozu auch jene von Magistratsbeam-
ten gehören, in so fern die zu ihrer Ernennung gemeinschaftlich beru-
fenen Landesstellen und Appellationsgerichte in den deutsch - böhmisch-
galizischen Erbländern nicht einig sind; in Fällen, wo auch die Hof'
stellen nicht übereinstimmen, muß Vortrag an den Kaiser zur Final-
eiltscheioung erstattet werden. — I n Criminalsachen sind der Wirksamkeit
der O. I. folgende Amtshandlungen vorbehalten: l) Die Revision der
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie