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für K., der nebst seinem Lehramte auch als Mitglied der böhm. ökono-
misch, patriot. Gesellschaft und noch sonst zur Förderung gemeinnütziger
Zwecke mannigfach in Anspruch genommen war, wenig Raum für "wei-
tere literarische Thätigkeit. Doch enthalten die öffentlichen Blätter Böh-
mens für 1809 eine Reihe patriotischer Artikel aus seiner Feder, und
in dem Hesperus von 1319 in den Nummern 39, 40, 51 , 56 und mit
der Chiffre W.. . v. K. ist ein Aufsatz über die practische Anwendbar-
keit der Grundsätze der National-Ökonomie auf den bestehenden Zustand
der europäischen Staaten enthalten, der wegen seiner Wichtigkeit und
Originalität einen der von der Redaction ausgesetzten Preise erhielt. Er
ist der einzige, den K. im Gebiethe der theoretischen Politik geschrieben.
Die entscheidendste und allgemeinste Wirkung bringt K. als öffentlicher
Lehrer hervor. Seine wissenschaftlich-gründliche Darstellung überzeugt,
sein beredter blühender Vortrag reißt hin; der trockensten Untersuchung
weiß er durch eine unnachahmliche Grazie der Einkleidung Aufmerksam-
keit und Eingang zu verschaffen. Wenige mögen auch wie K. das Talent
besitzen, die Gegensätze zwischen der Idee und dem practisch Gegebenen
zu vermitteln, und dadurch seine Zuhörer zu wahrhaft brauchbaren Glie-
dern des bestehenden Staatsorganismus heranzubilden. Er hat während
seinem 26jährigen Lehramte bey 2000 Schüler gebildet, wovon sich viele
bis in die höchsten Geschäftssphären emporgeschwungen, und gewiß ist
ihm in den Herzen derMeisten ein dankbares Andenken bewahrt geblieben.
Ropitar, Bartholom., Custos der k. k. Hofbibliothet in Wien ,
k. k. Büchercensor, einer der ausgezeichnetsten Philologen, gegenwärtig
wohl der bedeutendste Slavist Österreichs, wurde geboren den 23. Aug.
1730 zu Repnje in Oberkrain. 1790—1300 studirte er zuLaib a ch,
vollendete dann das Studium der Rechte an der Universität zu Wien
und wurde 1310 an der k. k. Hofbibliothek angestellt. Durch gediegene
Kenntnisse, Eifer und die thatigste Verwendung zeichnete er sich so sehr
aus, daß er 1814, obwohl als letzter Beamter, allein nach Pa r i s ab-
gesendet wurde, um die von den Franzosen während der Invasion 1809
an sich genommenen Schätze der Hofbibliothek wieder zurückzubringen.
Diesen Auftrag führte K. auf das entsprechendste aus. Seit jener Zeit
ist er bis zum zweyten Custos vorgerückt, welche Stelleer noch gegenwärtig
bekleidet. Von frühester Jugend an war das gründliche Studium der
slavischen Sprache und Literatur seine Lieblingsbeschäftigung, und erhar
in diesem Fache Arbeiten geliefert, die der vaterländ. Literatur zurgrösi,
ten Ehre gereichen, und welche auch vom Auslande auf das ehrenvollste
anerkannt wurden. Vor allem bemerkens- und rühmenswerth ist seine
gediegene: Grammatik der slavischen Sprache in Krain :c., welche durch
zufallige Veranlassung entstand und 1803 zu Laibach erschien. Zur Cha<
racteristik ihrer Vortrefflichkeit mag folgende Stelle dienen, welche in
einer, eigentlich gegen K. gerichteten Schrift (Slovenischer Abc-Krieg,
Laibach 1833) enthalten ist: „Wenn wir im gegenwärtigen Aufsatze die
Ansichten K.'s mehrmahls zu bestreiten veranlaßt werden, so wollen wir
dadurch seiner wohlverdienten europäischen Celebritat :c. keineswegs zu
nahe treten :c. K.'s Grammatik :c. gehört zu den einflusireichstctl philo-
logischen Arbeiten, die wir kennen. Bis dahin war keine slavische Gram-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie