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O f e n .
schmolzene Garnison zu erhalten gewußt hatte, und es ist eine sehr
richtige Bemerkung, daß keine Stadt der Welt mir so vielem Helden-
blute geadelt sey, und keine Festung seir einer Existenz von beyläufig 300
Jahren 20 Belagerungen ausgestanden habe, wie O. Daß die Tür.
ken bey dieser Belagerung mit vielem Muthe und mit wohlberechnetem
Plane zu Werke gingen, beweisen die verschiedenen Minensprengungen,
wobey 1000 der Belagerer ofr in einem Augenblicke unter einer fliegen-
den Steinmasse begrabeil wurden, ungeachtet der steten Beunruhigun,
gen durch wüthende Ausfalle, die der durch eine Weisung aus
Constan tinopel erzürnte Pascha unausgesetzt wiederholen ließ, da
es ihm nichr gleichgültig seyn durfte, die Stadt zu erhalten, oder die
rothe Schnur zu küssen. So wechselte Glück und Unglück auf beyden
Seiten, als am 22. Iuly eine Bombe das große Pulver-Magazin in der
Festung sprengte, einen Theil des alten Schlosses mit der Scheide-
mauer zwischen der Burg und Stadt zertrümmerte, und mehrere Hau-
ser in Schutt legte. Durch dieses begünstigende Ereigniß angeeifert, ließ
nun der Herzog von Lothring en von allen Seiten neue Batteriener-
richten, und in diesem Augenblicke erhielt O. zuerst die traurige Gewiß-
heit/ daß seit der Erfindung des Schießpulvers und der kunstmäßigen
Benutzung des schweren Geschützes diese Festung nicht nur nicht unüber-
windlich sey, sondern ihre Lage an nahen Bergen sie dem vollen Grimme
de5 Feindes Preis zu geben vermöge. Nach mehrmahligen Aufforderungen
zur stets verweigerten Übergabe, ward endlich mir verdoppelter Anstren»
glmg am 2. Sepr. von den Bayern das Schloß mit Srurm genommen.
Die Besatzung war auf 300 streitbare Männer herabgeschmolzen, und
sterbend lag der Commandant selbst unter den unzähligen Todren. So
hatte diese merkwürdige Belagerung, als die letzte von O. geendet.
In welcher traurigen Lage sich O. nach dieser Schreckensperiode be-
fand, läßt sich leicht denken, denn die einmarschirren Truppen konnten
darin nichr verweilen, so sehr hatte die große Anzahl zerstreut liegender,
schon halb verwester Leichname den Ort verpe^et. Alle Häuser waren oh-
ne Dach, und überhaupt unbewohnbar, die Burg hatte allen Anschein
ehemahliger Schö'nheitverloren, und alle Häuser und Keller waren mit
Todten angefüllt. Von dem gefangenen Ianitscharen - Aga Csonka
B eg a s, der bald nach der Eroberung sich taufen ließ, erfuhr man/ daß
10,000 Mann Ianitscharen nebst 6,000 Mann Fußvolk in O. be<
lagert waren, unberechnet der großen Anzahl von kriegsgefangenen Chri-
sten, die der Commandant stecs bey jenen Gelegenheiten, wo von Über-,
gäbe die Rede war, vor den Augen der Parlamentärs niederhauen
ließ. Groß und zahlreich war dw Menge Munition und groben Geschü-
tzes, die den Österreichern bey der Eroberung zufiel, doch weit wichriger
'war der Fang, den die Ungarn beyAdony gemacht hatten. Nach B e l
soll der Werrb der Prätiosen und des baaren Geldes bey 400,000 Du-
caten gewesen seyn, die damahls erbeutet wurden. Glücklicyer und grö-
ßer ging O. aus den Stürmen der letzten Decennien hervor, denn im-
mer stand das Volk neben seinem König, und durch wechselseitige An«
banglichkeit, nie auf lockern Fäden beruhend, war ersteres immer bcreir,
im Momente entschiedener Krisis, die Zwecke des letzteren mit Begei-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie