Page - 44 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe See-V, Volume 5
Image of the Page - 44 -
Text of the Page - 44 -
44 Siebenbürgischer Landtag.
beständigen Chef/ der unter dem Titel: swtuum ?rae565 in Abwesen«
heit des Gubernators das Präsidium führt/ die abzuhandelnden Gegen-
stände vorträgt/ den Verhandlungen selbst die gehörige Richtung gibt,
und darüber mit dem königl. Gubernium durch Deputationen stets Rück-
sprache nimmt/ lpobey die Stande auf die Bemerkungen des Guber-
niums Rücksicht nehmen / ohne daß jedoch dasselbe die Abfassung eines
ständischen Schlusses verhindern kann. Die ständischen Schlüsse werden
durch Mehrheit der Stimmen gefaßt und mit den Siegeln der Z reci»
pirten Nationen versehen. Auf Verlangen wird die besondere Meinung
der Minorität/ zumahl wenn diese aus den Repräsentanten einer von
den 3 recipirten Nationen besteht, den durch Stimmenmehrheit gefaß-
ten und mit den Siegeln der 3 Nationen beurkundeten Schlüssen bey-
gefügt/ und zugleich mit denselben zur Entscheidung an den landesherr-
lichen Hof gebracht/ worauf dann der Souverain seine Sanction mit
Rücksicht auf beyde Meinungen entweder gibt / oder verweigert. In
jenem Falle erhalten die ständischen Schlüsse gesetzliche Kraft / und
werden zu allgemein verbindenden Landtagsartikeln erhoben; in diesem
sind sie ganz unkräftig. Sämmtliche zwischen dem Großfürsten und den
Ständen beglichene Landtagsartikel werden sofort in die Sammlung der
übrigen Gesetze eingetragen/ und im Nahmen des Großfürsten von dem
Gubernium den sämmtlichen Gespanschaften / Districten/ Stühlen und
Gemeinen/ so wie dem landesherrlichen Fiscus/ zur Befolgung kund
gemacht. Außer der Huldigung sind alle jene Landesangelegenheiten Ge«
genstände des Landtages/ bey deren Besorgung der Großfürst an die
Mitwirkung der Stände gebunden ist. Hierher gehören: Die gesetzge«
bende Gewalt, oder die Abfassung, Abänderung, Auslegung und Ab»
schaffung der Landesgesetze; die Bestimmung der Summe der zu entrich-
tenden ContributioN/ und die Art, dieselbe zu vertheilen und zu heben;
das Canditationsrecht der Würde bey Besetzung der Cardinal - Ämter;
die Inarticulirung des einem Auslander vom Großfürsten ertheilten In«
digenats/ und die Verleihung des Landstandschaftsrechts an privilegirte
Gemeinen. Folgendes sind ferner die Rechte der 3 gesetzmäßig recipirten
Nationen: 1) Die Ungarn sind in Siebenbürgen dem Range nach die
t . , die Szekler die 2., die Sachsen die 3. gesetzmäßig recipirte Nation.
Die Ungarn werden in den Gesetzen Nodiles, die Szekler theils Nobi-
les plivileßiaU, theils liomine» kello «elvieiNez et orc^n inililaris,
im Leopoldmischen Diplome anch ßcliuz kellico^zzimum, die Sachsen
königl. Bürger genannt. Diese 3 Nationen heißen vermög der 1613 zum
Behuf der wechselseitigen Erhaltung ihrer Rechte unter sich eingegange-
nen Union, auch die unirten Nationen / im Gegensatze der tolerirten/
zu welchen die an Zahl allen übrigen Nationen Siebenbürgens weit
überlegenen/ aber leider! auf der tiefesten Stufe der Cultur stehenden
WalacheN/ dann die Armenier, die Griechen, die Bulgaren u. s. w.
gehören, die sämmtlich an jener Union keinen Antheil nahmen, und
bis in das 19. Jahrhundert kein Bürgerrecht, zu den öffentlichen Ämtern
keinen Zutritt, und auf dem Landtage weder Sitz noch Stimme hatten.
Allein die liberale Denkart M a r i a T h e r e f i e n s und Leo«
pold's I I . hat diese ausschließenden Rechte der Ungarn, Szekler und
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie