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selbst der Religion den Untergang drohte. BohmenS ausgezeichneter Kö-
nig, Wenze l I . , dessen Länder nun die nächste Beute raubgieriger
Weltbezwinger werden sollten, traf alle Anstalten zur kräftigsten Ge-
genwehre. St. erhielt von seinem König den Auftrag, Mähren zu
schützen. Mit. einem Heere von 8,000 Kriegern zog er aus Böhmen da-
hin, und ansehnlich verstärkt durch die Landesbewohner, legte er Besa-
tzungen in die festen Orter des Landes, und warf sich dann selbst mit un-
gefähr 12,000 Mann in die Hauptstadt Olmütz, welche dem ersten
An,fglje ausgesetzt war.^S^on verkündete nächtlicher Städtebrand in
Osten den Andrang.der Tataren. Die Bewohner des stachen Landes
fiüchteten allenthalben in die festen Schlösser, und wo diese die Menge
nicht fassen konnten,, auf steile, schwer zugängliche Felsengebirge (so bey
Stramberg und Hostein). Die Feinde, sieggewohnt in offener Feld.
schlacht, wurden langwieriger Belagerung um so eher müde, je mehr das
Rauben und Morden der Wehrlosen auf dem stachen Lande ihr tägliches
Treiben war. Und eben daraufgründete St. seiil Verhalten. Der Sturm
auf Olmütz ward zu wiederholten Mahlen abgeschlagen. Die Tataren,
deren eben so grausame als listige Anschläge St.'s kleines, aber kampf-
lustiges Heer nicht ins offene Feld zu locken vermochten, fingen an, den
vermeintlich feigen Feind zu verachten und sorglos in kleinen Abtheilun-
gen streifend, die übrigen Zufluchtsstätten der Christen zu bestürmen und
zu plündern. So gelang ihnen die Erstürmung des nahen Klosters Hra«
disch, dessen kleine Besatzung in den Flammen sich begrub, und dessen
Mönche alle aufs grausamste niedergemetzelt wurden. Getäuscht durch
die anscheinende Unthätigkeit St.'s, versäumte der Tataren-Anführer,
einer der zahlreichen Enkel Temudschin's, alle Maßregeln der Vor-
sicht; die strenge Zucht und Ordnung verschwand aus dem in unabseh-
bare Fernen ringsum ausgedehnten Tatarenlager. Darauf hatte St.
noch mehr, als auf die Verstärkung seiner Heeresmacht durch neue Scha-
ren gerechnet, als aber auch diese herbeyeilten, zähmte er den Rache-
durst seiner Krieger nicht länger. Den 25. Iuny 1241 früh vor Tages-
anfang drang er mit all seiner Macht unbemerkt ins Tatarenlager, rasche,
blutige Vergeltung an den zum Tode erwachenden Barbaren übend. Un-
zählige Opfer gerechter Rache waren schon gefallen, als Peta mit frisch
geordneten Scharen ihm sich entgegenwarf und den Kampf heißer, den
Sieg noch lange zweifelhaft machte. Aber hier, in den Ebenen von Ol-
mütz, erfaßte die Vergeltung endlich einen der blutigen Völkerbezwinger.
Eben in dem entscheidendsten Augenblicke des mörderischen Kampfes, da
die Christen schon zu weichen anfingen, flog St. herbey, erneuerte den
Kampf grimmig, blutig und völlig siegend. Wunderbar stimmen alle
vorhandenen, auch noch so abweichenden Nachrichten in der Thatsache
besonders überein, daß der Tataren-Anführer, ein Königssohn (dessen
eigener Mahme jedoch nicht mit voller Gewißheit zu bestimmen ist) vor
Olmütz von St.'s eigener Hand gefallen sey. Dankbar für so hohes
Verdienst, ernannteKönig Wenzel den Tatarenbesilger St. zum ersten
Landeshauptmann von Mahren, welches Amr derselbe bis 1248 beklei-
dete, und worin er den Herzog Ulrich von Kärnthen zum Nachfolger
hatte. Auch ward er mit ansehnlichen Ländereyen in Mahren beschenkt,
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie