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lapetenfabrikation und Handel.
und Bordüren von besonderer Güte und Schönheit verfertigten. Seitdem
hat aber der Verbrauch und mit diesem die Erzeugung wieder abgenom-
men. Die bedeutendste dieser, so wie der früher bestandenen Fabriken dieser
Art, ist die von Spör l i n und Rahn (s. d.), welche 1309 gegrün-
det wurde, und sich durch die Vollkommenheit ihrer Erzeugnisse und die
zweckmäßige Einrichtung sehr vortheilhaft auszeichnet. Diesen Fabrikan-
ten war es vorbehalten, in sehr kurzer Zeit das Vorurtheil zu besiegen,
welches, besonders im Auslande, auf den Wiener Tapeten haftete, und
ihren Erzeugnissen in den vorzüglichsten Städten Deutschlands, Polens,
Preußens und Italiens denselben Ruf und Absatz zu verschaffen,
deren sich die franzosischen Tapeten bis dahin allein erfreut hatten.
Sie lieferten hierdurch den erneuerten Beweis, daß jedes Vorurtheil
und jede Vorliebe für irgend ein Fabrikat, welches in das Gebieth der
Mode einschlägt, von selbst verschwindet, sobald der Fabrikant das Ta-
lent hat, seine Erzeugnisse dem Geschmacke und dem Bedürfnisse der
Consumenten anzupassen, und ihnen den Stempel der Neuheit und
^ Vollkommenheit aufzudrücken. Wenn die erste unerläßliche Bedingung,
um in diesem Zweige etwas Vorzügliches zu leisten, darin besteht, sich
neue und geschmackvolle Original-Zeichnungen zu verschaffen, so haben
Spö r l i n und Rahn einen großen Vorsprung vor vielen anderen Fa-
brikanten, da sie selbst mit regem Ersindungsgeiste begabt, alle Talente
und Kenntnisse in ihrer Individualität vereinigen, die hierzu erforder-
lich sind. Ihr Sinn für guten Geschmack und schöne Formen spricht sich
in allen ihren Fabrikaten kräftig aus, und es ist bemerkenswerth, daß
in ihrem großen Sortimente kaum 2 Copien zu finden sind. Auch in dem
technischen und mechanischen Theile ihrer Fabrikation spricht sich der achte
Manufacburgeist aus. Jede Arbeit ist unter das dazu bestimmte Perso-
nale zweckmäßig abgetheilt und beynahe Alle's wird stückweise bezahlt,
wodurch Klarheit in der Berechnung und die möglichste Ökonomie er-
zweckt wird. Unter den mechanischen Vorrichtungen sind besonders be-
merkenswerth: Die 10 Drucktische mit doppelten Hebeln; die von den
Eigenthümern erfundene Glättmaschine mit Cylinder von Gußeisen, bey
welcher das Papier durch den Mechanismus durchgezogen wird, und alle
Risse, die sonst durch die Steinglänze so häufig in den Rollen entstan-
den, gänzlich beseitigt werden; eine Handmühle zum Mahlen der Schaf-
wolle, und eine eben so einfache, als sinnreiche Packmaschine, womit
die Rollen in runde Ballen verpackt werden. Nicht minder wichtig ist
die dritte oder chemische Abtheilung dieser Fabrik, ohne welche, wenig-
stens im Inlande, keine Tapetenfabrik mit Auszeichnung bestehen könnte.
In dem chemischen Laboratorium der Fabrik werden die grünen und
blauen Kupferfarben, das Berlinerblau, alle Lackfarben, das Schütt-
gelb u. dgl. bereitet, die velutirte' Wolle gebleicht, und in allen Nuan-
cen gefärbt. Die Tapetenmuster, Bordüren und Decorations-Gegen-
stände, welche in der Sammlung dieser Fabrikanten aus ihrer Fabrik
aufgestellt sind, zeichnen sich im Allgemeinen durch correcre Zeich-
nung , schönes Colorit und reinen Druck vortheilhaft aus, und
beurkunden hinlänglich die bedeutenden Fortschritte, welche die T. in
der neuesten Zeit gemacht hat, so zwar, daß gegenwärtig die inländi-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie