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338 Theresianische Ritterakademie, k. k., in Wien.
Jugend unter der Aufsicht der Jesuiten und unter Ihrem immerwähren-
den Schutze errichten wolle, und daß sich wegen der Aufnahme in dieses
Collegium, welches im Herbste 1746 eröffnet werden würde, an den
Rector des Jesuiten-Collegiums zu wenden sey. Mit dieser Nachricht
ward zugleich der Plan von der inneren Einrichtung bekannt gemacht,
welcher wesentlich in Folgendem bestand: Ohne höchste Erlaubniß darf
kein Zögling unter einem Alter von 7 Jahren in dieses Collegium aufge-
nommen werden. In den ersten 3 Jahren werden die Zöglinge in der
katholischen Religion, deutscher und lateinischer Sprache, und im Tan-
zen unterrichtet. Zur Erlernung der philosophischen Wissenschaften, der
Logik, Sittenlehre, Physik, bürgert, und militar. Baukunst, wie auch
der lr.ilitar. Übungen, werden die folgenden 2 Jahre festgesetzt, nach
deren Zurücklegung die Zöglinge den Unterricht in den Rechtswissenschaf-
ten, in der allgemeinen und in der Vaterlands-Geschichte, Geographie,
Heraldik, Genealogie, im Reiten, und den fremden Sprachen erhal-
ten. Jederzeit werden 10 Zöglinge unter der Aufsicht eines geistlichen
Vorstehers zusammen wohnen. Im Speisesaale werden ihnen zü Mit-
tag 6, zu Abend 4 Speisen mit gutem alten Weine aufgesetzt. Noch
dem Speisen wird denselben eine Stunde zur Unterhaltung erlaubt, in
welcher sie sich mit Musik oder anstandigen Spielen zerstreuen kör-
nen. Alle Wochen sollen sie an den Ausruhetagen 2 Stunden Früh,
und 2 Stunden Nachmittag unter Begleitung ihrer geistlichen Vorste-
her spazieren geführt werden. Für den Schlaf werden den Zöglingen
8 Stunden vergönnt, und sie haben sich Abends um 9 Uhr zur Ruhe zu
begeben, um 5 Uhr des Morgens aber aufzustehen. Zur Wartung ihrer
Gesundheit wird ein eigener Leib- und Wundarzt bestellt, und die Kran-
ken werden von den Gesunden abgesondert, in besondern Zimmern ge-
pflegt, und ihnen vom Hause die Heilmittel unentgeldlich abgereicht
werden. Endlich hatt,e jeder Zögling für die Erziehung, Unterrichte.,
100 Kremnitzer Ducaten zu bezahlen, und beym Eintritts in das Col-
legium seine eigene Leibesbekleidung, 12 Servietten, 4 Leintücher, das
Bettzeug/ einen silbernen Löffel mit Messer und 'Gabel, ein Trinkgla?,
und die übrigen Erfordernisse mitzubringen. Sollte aber für einen Zög-
ling ein besonderes Zimmer, ein besonderer geistlicher Prafect und Be-
dienter verlangt werden, so habe man sich deßwegen mit dem Nector des
Collegiums besonders sinzuverstehen. Durch diese bekannt gemachte Ein-
richtung wurde der erbland. Adel aufgemuntert. Die meisten Vater aus
demselben wünschten unter dem Schutze der großen Monarchinn ihre Söhne
erziehen zu sehen, und der Zusammenfluß war im ersten Jahre so groß,
daß selbst die Jesuiten die Abhaltung der Exercitien in diesem Hause auf-
geben, selbe auf ihre Herrschaft Mauer verlegen, und das Gebäude
durch einen Tract vergrößern mußten. Mar ia Theresia, welche sicb
durch das Zudrängen der adeligen Jugend in ihrem Unternehmen glücklich
fühlte und schon in der Zukunft vortreffliche Staatsmänner aus ihneli
gebildet sah, ruhte nicht, dieses Collegium zu jener Gröfe zu erheben,
in der es alle andern Erziehungsanstalten in den Erblündern und im Aus-
lande übertreffen sollte. Gleich bey Elitsiehm'g dieses Collegiums setzte sie
oenIesuitenzu ihrem Unterhalte jährlich 40W Gulden aus; dann stiftete sie
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie