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Ungarisch cr Reichstag. 473
Tafeln in 2 verschiedenen Kammern. Die erste, die Magnatentafel
sRxcelza tabula pi-ocerum, ^c»l<int6te8 I^lsü I'äble) hat zum Prä-
sidenten den Palatin, oder den nächsten auf ihn folgenden Reichsbaron.
Rechts sitzt der Primas mit den Erzbischöfen, und allen wirklichen und
Tillllarbischöfen, nebst denjenigen Äbten und Pröpsten, die ihr eigenes
Capitel haben; links die Reichsbarone, die Kronbewahrer, und die
erblichen sowohl, als die ernannten Obergespane der Comitate. Den
Saal füllen die übrigen Magnaten (Fürsten, Grafen und Freyherren).
1790 ward beschlossen, daß auch die adelige Jugend künftig das Recht
haben soll, des Lernens wegen, den Sitzungen des Oberhauses, als
Hörer, beyzuwohnen, welches bisher nicht erlaubt war. Kraft des 4.
Artikels von 1807 erhielt auch der kö'niql. Gubernator zu Fiume Sitz
und Stimme an der Magnatentafel. Die zweyte, die Tafel der Stände
(I'abula inci^torum statuum et Ol-6inum), hat zum Präsidenten
den königl. Personal, der vom Ritterstande seyn muß, und Präses
der königl. Gerichrstäfe' zu Pesth ist. Mit ihm sitzt zugleich das ganze
Tribunal dabey, dessen Protonotarien oder Proceßreferenten, Diätal-
referenten, d. i. Reichstagssecretäre sind. An der Tafel der. Stände
sitzen noch die Deputirten der Domcapitel, dann diejenigen Äbte und
Pröpste, die kein Capitel haben, die Comitats-Deputirten, die Ab-
geordneten der königlichen freyen Städte, die Deputirten einiger Di-
stricte, endlich die Nuncii ^t,56nt5um, oder die Abgeordneten der ab-
wesenden Magnaten, worunter auch die Ablegaten der Witwen begrif-
fen sind. Der König erscheint dabey entweder selbst persönlich, oder
durch seine Commissäre. Den Stoff^ u den Beratschlagungen und Schlüs-
sen geben theils die den Ständen mit anständigem Pompe mitgetheilten
königlichen Propositionen (pl-oposition^ rs^ias), theils die dem König
in tiefster Ehrfurcht vorgelegten Forderungen und Beschwerden (pozw-
lata et ßravamina) der Stände, mit deren Abfassung sie sich in Cirkeln
und Deputationen beschäftigen. Ihre Meinungen und Schlüsse theilt
eine Tafel der anderen durch Deputirte mit. In streitigen Fällen kom-
men wohl auch beyde Tafeln, um Weitläufigkeiten zu vermeiden, in
einem Saale (568810N68 mixtae) zusammen. In jeder Tafel entscheidet
die Mehrheit der Stimmen. Unanimia werden nicht erfordert, sondern
was der größere Theil der Stände will, darein müssen auch die anders
Gesinnten willigen. Ist nun einmahl eine königl. Proposition in beyden
Tafeln durchgegangen, so entsteht ein gemeinschaftlicher Schluß der
Stände, ein Reichsgutachten, welches dem König zur Bestätigung
vorgelegt wird, von dessen Gutdünken es lediglich abhängt, ob er das-
selbe in allen seinen Puncten, oder nur zum Theil ratificiren oder
verwerfen will. Ertbeilt der König seine Genehmigung, so entsteht ein
Reichsschluß; verweigert er hingegen die Sanction, so bleibt es beym
Alten, und es ist eben so gut, als ob die in beyden Tafeln durchpaffirte
königliche Proposition dem König gar nicht zur Bestätigung vorgelegt
worden wäre, da zur Gültigkeit jedes Reichsschlusses beyder Theile, des
Königs und des Corps der Reichsstände Übereinstimmung schlechterdings
"forderlich ist. Auf qleiche Art erhalten die Postulate der Stände ihre
"' setzkraft. Gegenstände, worüber sich der König mit den Ständen nicht
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie