Page - 274 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
Image of the Page - 274 -
Text of the Page - 274 -
III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN274
gefertigten Katalog […] in welchem die biographischen Notizen beigefügt
sind“.834 Die nach Klassen sortierten Zettel wurden wieder in ihre alte alpha-
betische Ordnung zurückgelegt, eine Tätigkeit, die laut Khloyber „eine sehr
schnelle Operation ist und die Nachmittagsstunden ausfüllt“.835
8.5 Die Ausdifferenzierung der Ordnungsklassen
Zählt man die einzelnen Klassenbezeichnungen im Bandkatalog, so kommt
man auf eine Gesamtzahl von 69 Ordnungsklassen. Im Vergleich zur ur-
sprünglichen Anordnung durch den Kaiser kam es also nach der Bestands-
aufnahme und Neukatalogisierung zu einem quantitativen Anstieg der Ru-
briken um sieben Klassen. Betrachtet man deren Bezeichnungen, zeigt sich,
dass diese nicht einfach zu den bestehenden Klassen hinzugefügt wurden,
sondern dass die ursprüngliche Ordnungsstruktur im Zuge der Revision ei-
ner generellen Neuorganisation unterzogen wurde, die einerseits in der Aus-
differenzierung bestehender Klassen, andererseits in der Anpassung oder
Beseitigung antiquierter oder ungeläufiger Klassenbezeichnungen bestand
(siehe Anhang III).
Das berufsständische Ordnungsschema, welches Franz um die Jahrhun-
dertwende aus den ihm vorliegenden biografischen Informationen ableitete,
erfuhr im Zuge der Neuinventarisierung Jahrzehnte später nochmals eine
Modifikation, die nach und nach Gestalt annahm und in der Herausbil-
dung der in den 1830er-Jahren neu festgeschriebenen 69 Ordnungsklassen
mündete. Dabei spiegeln sich im Prozess, dem die Systematik unterworfen
war, auch gesellschaftliche Wandlungs- und Differenzierungsprozesse des
im Laufe der Zeit erstarkten und sich von ständischen Bindungen lösenden
Bürgertums. Anhand einiger gesellschaftlicher Gruppen lässt sich dies von
seinen Auswirkungen auf die Klassenbezeichnungen her besonders deutlich
fassen. So handelt es sich bei den am stärksten vom ursprünglichen Ord-
nungsprinzip abweichenden Gruppen um jene der Gelehrten, Künstler und
Kaufleute.
Wie Georg Friedrich Brandes war auch der Kaiser ein gebildeter Samm-
ler, dessen Interesse neuen geistes- und naturwissenschaftlichen Erkennt-
nissen seiner Zeit galt, insbesondere der Botanik. Die Klassen, in welche er
Gelehrtenbildnisse im Wesentlichen unterteilte, waren noch die ursprüng-
lich fakultären, „Rechtsgelehrte“, „Theologen“, „Medici“ oder „Philosophen“.
Daneben gab es die allgemeine Kategorie „Gelehrte“ sowie einige wenige
834 Schweickhardt, Dritte Abtheilung (1832), S. 49.
835 ÖNB, BAG, FKBA16018, fol. 1v.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur