Page - 9 - in Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen - Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
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eineGefängniszelle imKeller über dieNS-Zeit hinzugefügtwurde.Nach lang-
jähriger Kritik amMuseumsnamen–Genozidmeint hier ausschließlich die so-
wjetischenVerbrechen–wurdees imMai2018 inAnlehnunganseinebaltischen
‚Verwandten‘ in Museum der Okkupationen und der Freiheitskämpfe umbe-
nannt.Der alteNameverleitete einenAutor sogardazu, es in seiner Studieüber
Museen über menschliches Leid irrtümlich als Holocaust-Museum vorzustellen
(Duffy 2007, 118), obwohl der Fokus von Ausstellung wie Museumsguide (Ru-
dienė und Juozevičiūtė 2006a) bis heute auf der Darstellung der sowjetischen
Verbrechen als Genozid am litauischenVolk liegt. (Makhotina 2016, 337) Zuvor
wardieAuslassungderNS-BesatzungszeitGegenstandeinigerKritikandemMu-
seum (Bartuschka 2005, 202; Wight und Lennon 2007, 526; Kuusi 2008, 108;
Mark2008,341;Frankovicetal. 2010,63;Apor2012a,234),währendeinewissen-
schaftliche Publikation (Closa 2010, 327) die Gestapo-Vergangenheit desGebäu-
desgargänzlichauslässt.
Die neueste Publikation von Ekaterina Makhotina analysiert die ständige
Ausstellungzwarumfassendund legteineChronologiederEntstehungderver-
schiedenenAusstellungsteile vor. InBezugaufdie 2011 in einerGefängniszelle
im Keller hinzugefügte Ausstellung zur NS-Zeit und zum Holocaust erwähnt
Makhotinanur in einerFußnote, dass esdiesegibt (Makhotina 2017, 317), lässt
sie in der Analyse aber außen vor. So leiste ich hier–unter Einbeziehungder
Medienberichterstattung über die Eröffnung des Raums 2010 und der Ausstel-
lung 2011–Grundlagenforschung.10DieVerwendung individualisierender Ele-
mente inderAusstellungwird inzweiTextenangesprochen (Dovydaitytė 2010;
Frankovic et al. 2010, 53), aberdabeidebereits 2010erschienensind,können
sie noch nichts über die in diesem Punkt sehr unterschiedliche Darstellung
‚unserer‘und ‚anderer‘Opferaussagen,wie sie sichaufdrängt,wennmandie
NS-Ausstellung inderKellerzelleaus2011einbezieht.
– EinMuseum des Warschauer Aufstands11 planten ehemalige Aufständi-
scheundHistorikerInnenbereits 1981, dochalsdieKommunistischePartei das
Vorhaben steuern wollte, wurde die Initiative aufgegeben. (Markiewicz 2011,
10 Besprochen und kritisiert wurde die Ausstellung im gewohnt polemischen Stil vonDovid
Katz auf seinem Portal defending history (Katz 2011) und anderenorts (Katz 2018), während
Wright in seiner 2014 vorgelegtenDissertation noch fälschlicherweise von einer „notable ab-
senceofanyacknowledgementof JewishHolocaustwithin the interpretivecoverageof theex-
hibition“ (Wright2014,150)schreibt.
11 AufEnglischnennt sichdasMuseumWarsawRisingMuseum, umsichvomGhetto-Aufstand
1943 abzugrenzen, wie etwa der Museumsmitarbeiter Grzegorz Hanula bei einem Vortrag am
7.11.2014anlässlichderVeranstaltungZeitenwende 1944 inWien imHeeresgeschichtlichenMu-
seumausführte (sieheauchBlutinger2010,78). 1 Einleitung 9
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Title
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Subtitle
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Author
- Ljiljana Radonić
- Publisher
- DE GRUYTER
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918