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das„LandofWorkersandPeasants“dieZeitnach1945durchgängigpositivdar-
stellen.DaraufhinwurdeJančar1998promptmitderAusarbeitungeineszusätzli-
chen Ausstellungsteils beauftragt. (Troha 2017, 349) Dieser behandelt unter
demTitelDarkSideof theMoon:AShortHistoryofTotalitarianism inSlovenia,
1945–1990vorallemdieNachkriegsverbrechenderPartisanInnen. (Abb. 12) In
derdazugehörigenslowenischsprachigenMuseumspublikation,einerArtkurzem
Sammelband,schreibt Jančar,dessenWohnungbereits inden1970ernwegenkri-
tischerÄußerungenvonder jugoslawischenStaatssicherheit durchsuchtworden
war (CorsellisundFerrar2005,234),nebenaltenRadioapparatensollemanauch
Mikrofone indenWändenabgehörterWohnungensehensowieVerhörzellenund
Arbeitslager für weibliche politische Häftlinge. Neben Freude auf den Straßen
LjubljanassolltemanauchdasTeharje-Lager61undGrubensehen, indiedieToten
hineingeworfen wurden, neben Statuen von Tito auch die in den sogenannten
DachauerProzessenverurteiltenSlowenInnen,nebenStafettenundParadenver-
botene Zeitschriften. (Jančar 1998b, 5) In derselben Museumspublikation führt
der Mitbegründer der konservativen Slowenischen Demokratischen Partei SDS
JožePučnikaus,beidenmassenhaftenNachkriegsmassakernnachdem9.Mai1945
seien14.000–18.000Slowenenermordetworden,diemeistendavonDomobranzen,
gefolgtvonindieWehrmachtMobilisiertenundZivilisten. (Pučnik1998, 12)
DochdieschwachausgeleuchteteundsomitdüstergehalteneAusstellungwie
diegleichnamigePublikationarbeitendieVerbrechennichtbloßauf, sonderndä-
monisierendieTito-Ära:Der inLjubljana lehrendeProfessor fürneuereGeschichte
undspäter 2004–2008unter Janez Janšar amtierendeKulturministerVaskoSimo-
nitibezeichnetimzweitenBeitragmitdemprogrammatischenTitelPermanenteRe-
volution, Totalitarismus, Angstdie jugoslawischeNachkriegs-StaatsicherheitUdba
als „strukturiertenundumfassendenOrganismusdesBösen“, der unter anderem
verhaftet, gefoltert, liquidiertund„Konzentrationslager eingerichtet“habe. (Simo-
niti 1998, 9) Im Schlussabschnitt dieser Publikation über die „Dunkle Seite des
Mondes“, indemJančaraufdieVerantwortungTitosundderParteiführungfürdie
Nachkriegsmassaker eingeht, werden die PartisanInnen dann auch explizit mit
demNationalsozialismusgleichgesetztundsomitSchuld-undErinnerungsabwehr
inBezugaufdieslowenischenKollaborateurInnenbetrieben:„dieBefreiungsbewe-
gungwurdezudemgleichenBösen,dasesbekämpfte.EssprachdieSprachevon
BlutundBoden[zuerstaufSlowenisch,dannaufDeutschgeschrieben,Anm.L.R.],
61 Vorort vonCelje,wozuerstdieWehrmachtGefangene festhieltundspäterdiePartisanInnen
slowenischeNS-Kollaborateure,dieDomobranzen.Am31.Mai 1945wurdedasRupnik-Bataillon
eingeliefert, inden folgendenJunitagenweitereetwa3.000AngehörigederslowenischenHeim-
wehr, vondenendiemeisten inderUmgebungermordetwurden. 2004wurdedort einGedenk-
parkeröffnet.
84 4 DerZweiteWeltkrieg imMuseum
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Title
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Subtitle
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Author
- Ljiljana Radonić
- Publisher
- DE GRUYTER
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918