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dennochkonstatierenWissenschaftlerinnenwieHelga Schwalm: „EineTheorie
der Biographie fehlt bis heute.“56 Dass sichwenig darangeändert hat, legt die
Einleitungdes2017publiziertenSammelbandsBiography inTheorynahe.57
Die Biographie verfĂĽge nur in Verbindung mit anderen Disziplinen oder
Theorien ĂĽbermethodischeRelevanz, zumBeispielmit denGeschichtswissen-
schaften oder der Erzähltheorie, so ein kritischer Tenor.58 Positiv gewendet
lässt sichBiographik als interdisziplinäre Schnittstelle unterschiedlicher Theo-
riefelder bezeichnen: „Die theoretischen Implikationen der Biographie“ erhe-
bensiezumForschungsobjekt,„indemsichzentraleFragendergegenwärtigen
Kulturwissenschaftenbündeln.“59
DiebiographischeAuseinandersetzungkanndabeiauchForschungslĂĽcken
und verborgeneGesellschaftsphänomene sichtbarmachen. Ernst Peter Fischer
kritisierte vor wenigen Jahren, dass kaumBiographien ĂĽber deutschsprachige
Wissenschaftler auf Deutsch vorliegen, sehr wohl aber auf Englisch. DerWis-
senschaftshistoriker beklagt die mangelnde Bereitschaft zur biographischen
WĂĽrdigung und Anerkennung deutscher Naturwissenschaftler im deutschen
Sprachraum, plädiert dabei aber für einen konventionellen, didaktischen Zu-
gangzumLebenbedeutenderPersönlichkeiten,60 für eineVerbindungvonPer-
sonundWerk,die aufWilhelmDiltheys (1833–1911)DiktumvomMenschenals
56 Helga Schwalm: Biographie. In: Metzler Lexikon Literatur. Hg. von Peter Burdorf u.a.
Stuttgart/Weimar2007,S.89–91,hierS.90.
57 Vgl. EdwardSaunders: Introduction:TheoryofBiographyorBiographyofTheory? In:Bio-
graphy in Theory. Key Texts with Commentaries. Hg. von Wilhelm Hemecker und Edward
Saunders.Berlin/Boston2017,S. 1–8.
58 Vgl.HansRendersundBinnedeHaan: Introduction:TheChallengesofBiographyStudies.
In:TheoreticalDiscussionsofBiography.Approaches fromHistory,Microhistory,andLifeWri-
ting. Hg. vonHans Renders und Binne deHaan. Lewiston (NY) u.a. 2013, S. 1–12, hier S. 1,
sowieNigelHamilton:Foreword. In:TheoreticalDiscussionsofBiography,S. i–v,hierS. ii.Die
Diskussionen rund umden Theoriemangel der Biographie sindwesentlicher Bestandteil der
biographietheoretischenForschung,wieChristianKleindarlegt, vgl.Klein:Einleitung.Biogra-
phik zwischenTheorieundPraxis, S. 1–2.HansErichBödeker erklärtekurzdaraufdieZeit für
beendet, in der „dieBiographie alsmethodischunkritischund theoretischharmlos abqualifi-
ziert wurde“; Bödeker: Biographie. Annäherungen an den gegenwärtigen Forschungs- und
Diskussionsstand. In: Biographie schreiben. Hg. von Hans Erich Bödeker. Göttingen 2003,
S.9–63,hierS. 12.
59 Fetz:DievielenLebenderBiographie,S.6.
60 Vgl. Ernst Peter Fischer: Zeigt uns die Pioniere! In: Die Zeit, Nr. 6/2016 (4. Februar 2016).
http://www.zeit.de/2016/06/forscherbiografien-deutschland (zuletzt aufgerufen am31. Juli
2019).
14 Einleitung:WiderspruchsgeisteinesBeamtendichters
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Title
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Author
- Cornelius Mitterer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 312
- Categories
- Weiteres Belletristik