Page - 24 - in Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Image of the Page - 24 -
Text of the Page - 24 -
Davis oder Michel Foucault aus jahrhundertealten ArchivbestÀnden zu neuem
Lebenerwecktoder inDiskurseeingebettethaben.
Schaukal sollweder ideologisch rehabilitiert nochzumProtagonistenaffir-
mativer Kanondebatten erhoben werden. Es soll auch nicht der Eindruck
entstehen, dass gerade er unabdingbar fĂŒr den hier gewĂ€hlten theoretisch-
methodischenRahmen ist.Ganz imGegenteil liegt das Interesseauch in seiner
Austauschbarkeit, diemit biographisch starkaufgeladenenNamennichtunbe-
dingt gegebenwÀre. Der Blick auf seine PersonunddasWerk haftet bis heute
an einer historisch wie aktuell bedingten Auffassung vonmangelnder GröĂe
undâverbundenmit seinem literarischenSchaffenamBeginnderWienerMo-
derne â an den Kategorien Innovation und MediokritĂ€t. Kategorien, die vor
allemwegenderproduktivenWiederaufnahmen,welchedieLiteraturder Jahr-
hundertwende maĂgeblich prĂ€gten, neu zu reflektieren sind. Schaukals Le-
benslauf und sein kĂŒnstlerisches Schaffen umfassen SingularitĂ€t und Typik
gleichermaĂen, seinePersoneignet sich fĂŒreineUntersuchung,die sowohldas
Besonderewie auch dasDurchschnittliche zeigt. Er unterlÀuft jene dichotomi-
sche Unterteilung in ârelevantâ und âirrelevantâ, wie sie bis heute in der For-
schung verbreitet,mit einer avancierten biographischenMethode jedochnicht
kompatibel ist. Schaukal reprĂ€sentiert das âauĂergewöhnlichTypischeâ,95 seine
literarischenErzeugnisse sindAusdruckder Zeit, und fallendoch auchwieder
aus ihrheraus.
1.2 ForschungsstandzuRichardSchaukalalsAusdruckvon
BiographiewĂŒrdigkeit?
Das von IngoWarnkeundAndreasWicke zwischen 1997 und 2002herausgege-
bene JahrbuchderRichard-Schaukal-GesellschaftEros Thanatos liefert die nach
wie vor aktuellste und eine in vielenBelangen grundlegende Sammlung einzel-
thematischerUntersuchungenĂŒberdenDichter.Das JahrbuchistAusdruckeiner
in den 1990er Jahren einsetzenden intensiven Auseinandersetzungmit Richard
Schaukal.
Die vorliegende Untersuchung knĂŒpft an Einzelanalysen des Jahrbuchs an,
die immerwiederauchSchaukalsKontaktezuExponentender Jahrhundertwende
95 Der Begriff âauĂergewöhnlich Normalesâ oder âexzeptionell Typischesâ, der fĂŒr die Um-
schreibungdermikrogeschichtlichenMethodeherangezogenwird, geht auf den italienischen
Historiker Edoardo Grendi zurĂŒck und lautet im Original âlâeccezionale normaleâ; vgl. Ida
Fazio: Microstoria. http://www.studiculturali.it/dizionario/lemmi/microstoria.html (zuletzt
aufgerufenam31. Juli 2019).
24 Einleitung:WiderspruchsgeisteinesBeamtendichters
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Title
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Author
- Cornelius Mitterer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 312
- Categories
- Weiteres Belletristik