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Davis oder Michel Foucault aus jahrhundertealten Archivbeständen zu neuem
Lebenerwecktoder inDiskurseeingebettethaben.
Schaukal sollweder ideologisch rehabilitiert nochzumProtagonistenaffir-
mativer Kanondebatten erhoben werden. Es soll auch nicht der Eindruck
entstehen, dass gerade er unabdingbar für den hier gewählten theoretisch-
methodischenRahmen ist.Ganz imGegenteil liegt das Interesseauch in seiner
Austauschbarkeit, diemit biographisch starkaufgeladenenNamennichtunbe-
dingt gegebenwäre. Der Blick auf seine PersonunddasWerk haftet bis heute
an einer historisch wie aktuell bedingten Auffassung vonmangelnder Größe
und–verbundenmit seinem literarischenSchaffenamBeginnderWienerMo-
derne – an den Kategorien Innovation und Mediokrität. Kategorien, die vor
allemwegenderproduktivenWiederaufnahmen,welchedieLiteraturder Jahr-
hundertwende maßgeblich prägten, neu zu reflektieren sind. Schaukals Le-
benslauf und sein künstlerisches Schaffen umfassen Singularität und Typik
gleichermaßen, seinePersoneignet sich füreineUntersuchung,die sowohldas
Besonderewie auch dasDurchschnittliche zeigt. Er unterläuft jene dichotomi-
sche Unterteilung in ‚relevant‘ und ‚irrelevant‘, wie sie bis heute in der For-
schung verbreitet,mit einer avancierten biographischenMethode jedochnicht
kompatibel ist. Schaukal repräsentiert das ‚außergewöhnlichTypische‘,95 seine
literarischenErzeugnisse sindAusdruckder Zeit, und fallendoch auchwieder
aus ihrheraus.
1.2 ForschungsstandzuRichardSchaukalalsAusdruckvon
Biographiewürdigkeit?
Das von IngoWarnkeundAndreasWicke zwischen 1997 und 2002herausgege-
bene JahrbuchderRichard-Schaukal-GesellschaftEros Thanatos liefert die nach
wie vor aktuellste und eine in vielenBelangen grundlegende Sammlung einzel-
thematischerUntersuchungenüberdenDichter.Das JahrbuchistAusdruckeiner
in den 1990er Jahren einsetzenden intensiven Auseinandersetzungmit Richard
Schaukal.
Die vorliegende Untersuchung knüpft an Einzelanalysen des Jahrbuchs an,
die immerwiederauchSchaukalsKontaktezuExponentender Jahrhundertwende
95 Der Begriff ‚außergewöhnlich Normales‘ oder ‚exzeptionell Typisches‘, der für die Um-
schreibungdermikrogeschichtlichenMethodeherangezogenwird, geht auf den italienischen
Historiker Edoardo Grendi zurück und lautet im Original ‚l’eccezionale normale‘; vgl. Ida
Fazio: Microstoria. http://www.studiculturali.it/dizionario/lemmi/microstoria.html (zuletzt
aufgerufenam31. Juli 2019).
24 Einleitung:WiderspruchsgeisteinesBeamtendichters
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik