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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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Der Krieg also, wie Kraus ihn einzig ansprechen konnte, eine verbrecherische greuliche Töterei, alsVeröffentlichungundÖffentlichkeit, vorPublikumund fĂŒrdasPublikummit Verlogenheit inSzenegesetzt,BeuteundAusbeuteeineralsPatriotenprotokolliertenGe- sellschaftvonLeichenrĂ€ubern.96 SchaukalverstehtdieTragödiealsKritikandiskursivenPraktikenundderhetze- rischen Propagandarolle der Presse. Doch zieht er daraus den Schluss, dass es schwieriger gewesenwĂ€re, aus dem Stoff (der medialen Berichterstattung ĂŒber den Krieg) keine Satire zumachen und stattdessen „die unzĂ€hligenWunder an SchönheitundWĂŒrde,EhreundTreue,GlaubeundMut,EntsagungundOpferzu sammeln, die vier Jahredes göttlichenZorns [...] unter einer in allenTintender FĂ€ulnis erschimmerndenOberflĂ€cheverbargen.“97DieArgumentationmĂŒndet in der Beschreibung des Titelbilds vonDie letzten Tage derMenschheit, das Kaiser Franz Joseph (1830–1916) beimBesuch einerAusstellung zeigt undSchaukal er- schĂŒttert.Noch 1933bekennt er seine tiefwurzelndemonarchistischeGesinnung: „AbermichrĂŒhrtvorallemderKaiser. ‚MeinKaiser,meinKaisergefangen!‘“98 SobaldKarlKrausalskritischerAkteur imZeichendesEngagements erschei- nen könnte, der die politischen Belange der Monarchie durch seine satirische Schlagkraft beeinflusste, verlĂ€sst der Autor denWeg der Lebensdarstellung, um aneineAuslegung imSinnedes geistigenBildnisses anzuknĂŒpfen.GeradeKraus wĂŒrde sich fĂŒr eineDarstellungder vitaactiva eignen,da seine kritischenÄuße- rungen, theoretischen AusfĂŒhrungen und streitbaren Positionen einem klaren Zweckgewidmetwaren, beispielsweiseder ‚aktivenKlagefĂŒhrung‘, dieKrausge- meinsammit seiner Sprach- undOrnamentkritik zummoralischen Engagement erhobenhatte.99SchaukalbeschreibtKrausaber imSinnedervitacontemplativa, wodurch entscheidende lebens- und sozialgeschichtliche Teile der Biographie von Kraus ausgespart bleiben. Schaukal wĂ€hlte den kontemplativen Stil, da er sich aufgrund seiner formalen Offenheit fĂŒr den bekenntnisreichen, selbstrefle- xivenundassoziativenEssaytoneignete.LediglichdieabschließendeZusammen- fassung der kurzen Kraus-Biographie weicht davon ab. Ein als „Lebensskizze“ 96 Schaukal:KarlKraus,S.34. 97 Schaukal:KarlKraus,S.34. 98 Schaukal:KarlKraus,S.36. 99 Vgl. Karl Kraus in: Die Fackel 46 (1900), S. 20: „Weil unser öffentlicher undmĂŒndlicher Strafprocess diePopularklagenicht kennt, habe ich ja zumZweckeder öffentlichen, schriftli- chen Popularklage die ‚Fackel‘ gegrĂŒndet.“Vgl. auch Katharina Prager: „Ich bin ja nur des- halb ein Lump, weil der andere sich Ă€rgert“. Vom Schimpfen, SchmĂ€hen und Polemisieren rundumKarlKraus.MitneunSchmĂ€hbriefenausdem„MuseumderDummheit“. In:„ERLEDI- GUNGEN“. Pamphlete, Polemiken und Proteste. Hg. vonMarcel Atze und Volker Kaukoreit. Wien2014,S. 138–171; sowieTimms:DynamikderKreise,S. 128. 3 BiographiealsSelbstreflexion 77
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Title
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Author
Cornelius Mitterer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Location
Berlin
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
312
Categories
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