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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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sehen,103 lässt sichdie impressionistischeLiteraturkritikund ihre subjektivie- rendeÄsthetik zusammenmitSchaukalsLebensschilderungenalsproduktive Auseinandersetzung mit ästhetischen Verfahren der Prosa beschreiben. Mit Blick auf die biographische Gattungmerkt Kracauer an, dass sie eine Reak- tion auf die „Krisis desRomans“unddes Individuumsdarstelle.104DieMoral der Biographie sei, dass „sie imChaos der gegenwärtigenKunstübungen die einzige scheinbar notwendige Prosaformdarstellt“,105 an der sich das verun- sicherteBildungsbürgertumfesthaltenkönne. Doch ist auch diese auf den erstenBlick so schlüssige Parallelsetzung von sozialer Entwicklung und ästhetischer Entfaltung der Biographie nicht ohne weiteres auf Schaukal zuübertragen. Seine biographischenProdukte sindAus- druck einerDialektik aus zurückblickendenundmodernenVersatzstücken. Sie revitalisierenkeineswegsnurältereProsaformen. IndemSchaukal sichmit Tex- tenwieKarl Kraus in seiner eigenenVorstellungswelt bewegt, vermeidet er das biographischewie historiographische Spannungsverhältnis aus Objektivierung der (historischen) Subjekte und einer auf sie einwirkenden Welt. Die soziale Außenwelt wird durch den Innenfokus ausgeblendet, der einzige Bewertungs- maßstab fürmoralische, ästhetische, poetologische, ideologische und auch er- kenntnistheoretische Problemstellungen in Schaukals Texten ist Schaukal. Er entwickelteinediffuseBegriffsverkettungvon ‚dem‘Selbstverständlichen,Natür- lichen und Religiös-Metaphysischen, das von unterschiedlichen Denkern des christlichenAbendlandsbeeinflusst ist, aber imPrinzip eineSuchenachneuen literarischenAusdrucksmittelndarstellt. Schaukals Habitus und die damit verbundenen Praktiken, etwa das selbstkonstitutive Verfassen von subjektiven Lebensbildern, loten biographi- scheSpielräumeaus.DieHerstellungvonIdentität erfolgt„imSprechen,Han- deln, Schreiben, im gestischen, stimmlichen, physiognomischen Ausdruck“, dieeinensolchen„SpielraumdesBiographischen“bilden.106Seinebiographi- schen Texte vereinen somit ganz unterschiedliche geistesgeschichtliche und poetologische Momente: Aspekte der impressionistischen Kritik finden sich darin ebensowiederwiehermeneutischeAnsätze zurBiographik, dazuRück- griffe auf antidemokratische und antibürgerliche FormenderHistoriographie sowie eine religiös-metaphysischeAuffassung vonderAutonomie des Kunst- werks und ihrer geistesaristokratischenBewahrer. All dieseMomente prägen daskurzebiographischeBildnisüberKarlKraus. 103 Braun/Stiegler:DieLebensgeschichtealskulturellesMuster,S. 14–15. 104 Kracauer:DieBiographiealsneubürgerlicheKunstform,S.76. 105 Kracauer:DieBiographiealsneubürgerlicheKunstform,S.77. 106 Fetz:DievielenLebenderBiographie,S. 11. 3 BiographiealsSelbstreflexion 79
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Title
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Author
Cornelius Mitterer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Location
Berlin
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
312
Categories
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