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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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Page - 88 - in Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne

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Der Kontakt zum böhmisch-mährischen Adel, mit dem der junge Beamte in Berührungkamundder sichnicht zuletzt imBriefverkehrmitMarie vonEbner- Eschenbach ausdrückt, war von entscheidender Bedeutung für die Etablierung seiner aristokratischen Gesinnung. Schaukals Standesaspiration schlägt sich in den frühenWerken nieder, etwa in der Person Hectors im Drama Scenen aus einer Gesellschaft junger Leute (1902); der jungeDekadent bekennt: „Ichbin ein AristokratvomScheitelbiszurSohle [...].DieFreundewürdenübermichherfal- len [beidiesemBekenntnis,CM].Unddabeibin ichbürgerlich.“21 HaltungundAttitüde bedeuteten für den angehendenDichter undMiniste- rialbeamtenmehr als den bloß körperlichenAusdruck einer vorgezeigten Klas- senzugehörigkeit.BourdieudefiniertdenHabitusals„Erzeugungsprinzipobjektiv klassifizierbarer Formen von Praxis und Klassifikationssystem (principium divi- sionis) dieser Formen“, womit gemeint ist, dass der Habitus einheitsstiftende Praxisformenhervorbringt,zumBeispieldasSammelnundPflegenvonantiquar- ischenBüchern, unddass jenePraktikendenAkteurnatürlich auchklassifizier- barmachen.DasAnlegeneinerSammlung ist fürBourdieueinkleinbürgerliches Merkmal, an demderWunsch nach demWechsel in eine höhere Position haf- tet.22AlsahnteSchaukal,dassesdieseprekäreKlassifikationzuentkräftengälte, unterschied er zwischendembibliophilenBüchersammler unddemernsthaften Leser (sich selbst), derdieäußerlichewiegeistigeÄsthetik einesBucheswertzu- schätzenweiß: Ich bin es [bibliophil] nicht in demSinne,wie ihn der Begriff erheischenmag. Ich liebe nicht Bücher um der Bücher willen, mir ist das schönste Buch gleichgültig, wenn sein Inhaltmitmirnichts zu tunhat. Ich„sammle“keineBücher. Ich interessieremichweder für Bibliothekennoch für das Bücherwesen überhaupt. Undwas die Vereinigungen von Bibliophilen ihren Mitgliedern an Jahresgaben zu bieten pflegen, entspricht – ebenso wenigwieHundertdrucke undderlei „fertige“ Sachen– fast nie dem,was ichmir unter einemerwünschtenundsonst schwerzubeschaffendenBuchevorstelle.23 Mit „Wollust“ habe ihn Kürschners Deutsche National-Litteratur erfüllt, „jene gelbbrochiertenBändemit schwarzemundrotemTiteldruck.“24 GeschmacksurteilealsAusdrucksformeneinerklassenspezifischenHaltung sind ganz wesentliche Praxisformen Schaukals. Die Neigung und Fähigkeit, sich Gegenstände und Praktiken einer bestimmtenKlasse anzueignen, prägen 21 Schaukal: Scenen aus einer Gesellschaft junger Leute. In: Schaukal: Einer, der seine Frau besuchtundandereScenen.DramatischeSkizzen.Linz1902,S. 104. 22 Bourdieu:Die feinenUnterschiede,S. 206. 23 Schaukal:Meine Bücher. In: Deutscher Bibliophilen-Kalender für das Jahr 1914. Jahrbuch fürBücherfreundeundBüchersammler.Hg.vonHansFeigl.Wien1914,S. 58–65,hierS. 59. 24 Schaukal:MeineBücher,S.61. 88 II SchaukalsEinsatzmittel imSozialraum
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Title
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Author
Cornelius Mitterer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Location
Berlin
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
312
Categories
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